Understatement, Tradition, Klassik. Warum wir Dunhill Pfeifen (trotzdem) lieben

Wenn man sich als Pfeifenraucherin oder Pfeifenraucher mit dem Thema eingehender beschäftigt, stößt man wahrscheinlich zwangsläufig auf die Frage, was am Thema „Dunhill“ eigentlich dran ist. Besonders im Social-Media-Bereich tauchen immer wieder Fragen auf wie:

„Warum kostet eine dusselige, sandgestrahlte Billard mit Ebonitmundstück, und dann noch nicht mal mit Filter, so viel Geld?“

Oder auch:

„Rauchen sich Dunhill Pfeifen irgendwie besser als der Rest?“

„Ich finde Dunhill Pfeifen irgendwie langweilig, gibt’s die auch in bunt?“

Und als Fachmann muss man meistens weit ausholen, um diese Fragen einigermaßen befriedigend zu beantworten. Manche Fragen sind auch gar nicht zu beantworten, denn die Faszination für diese Marke ist wohl eher eine Gefühlsfrage als rational zu fassen.

Viel Faszination, die von der Marke ausgeht, liegt vor allem in der langen Tradition, die man mit ihr verbindet. Und wie sehr man als Pfeifenraucher für sie empfänglich ist. Natürlich schadet es auch nicht, wenn man etwas Anglophilie mitbringt.

Viel dazu beigetragen hat mit Sicherheit auch dieses Zitat des Firmengründers, Alfred Dunhill, der die Philosophie seiner Marke hiermit beschrieb:

It must be useful. It must work dependably. It must be beautiful. It must last. It must be the best of its kind.“

Es gibt jedenfalls heute kein anderes Unternehmen in der Pfeifenbranche, dessen Geschichte sich über einen so langen Zeitraum nachverfolgen lassen kann. Dazu trägt sicherlich bei, dass man aufgrund der auf der Pfeife aufgebrachten Stempelungen sehr gut nachvollziehen kann, wann die Pfeife gebaut wurde. Wenn Sie also eine Pfeife Ihres Geburtsjahrganges suchen, werden sie mit Sicherheit bei Dunhill fündig.

Und die Geschichte dieses Unternehmens ist reichhaltig und wechselhaft. Sandgestrahlte Pfeifen, wie auch Ebonit als Mundstückmaterial, sind maßgebliche Erfindungen dieses Herstellers. Auch wenn Dunhill-Pfeifen aus markenrechtlichen Gründen heutzutage nur noch „The White Spot“ heißen dürfen, steht die heutige Firma in der Tradition des englischen Firmengründers von 1915.

Auch heute noch werden die Pfeifen in London hergestellt und eine überraschend hohe Stückzahl der Pfeifen mit dem weißen Punkt auf dem Mundstück verlässt die Werkshallen in alle Welt.

Dunhill Pfeifen sind in verschiedenen Oberflächen und Größen erhältlich. Dabei unterschiedet man zwischen sandgestrahlten und glatten Pfeifen. Alle Mundstücke sind aus Ebonit oder Cumberland.

Sandgestrahlt sind folgende Serien:

Shell Briar: Schwarz-sandgestrahlt mit schwarzem Mundstück

Ring Grain: Schwarz-sandgestrahlt mit besonders ausdrucksstarker Maserung und schwarzem Mundstück

Cumberland: Rötlich-braun-marmorierter Farbton, mit farblich passendem Mundstück

Shilling: Rötlich-braun-marmorierter Farbton, mit farblich passendem Mundstück und besonders guter Maserung

Ruby Bark: Kräftig roter Farbton mit schwarzem Mundstück

County: Mittelbrauner Farbton mit hellen Akzenten und marmoriertem Mundstück

Tanshell: Heller, nur geölter Farbton mit schwarzem Mundstück und ausgezeichneter Holzqualität. Selten!

Glatt sind diese Serien:

Bruyère: Klassisch rötlicher Farbton mit schwarzem Mundstück (die Urvariante)

Chestnut: Rötlich-braun mit marmoriertem Mundstück

Dress: Tiefschwarz mit 6mm Silberband und schwarzem Mundstück

Black Briar: Tiefschwarz mit breiterem Silberband oder anderen Applikationen und schwarzem Mundstück

Amber Root: Mittelbraun, warmer Farbton mit schwarzem Mundstück

Root Briar: Sehr heller, honigfarbener Farbton mit schwarzem Mundstück und ausgezeichneter Holzqualität.

Daneben gibt es selbstverständlich immer wieder Limited Editions oder Jahrgangspfeifen, die diesem System nicht immer entsprechen.

Dunhill teilt die Größen seiner Pfeifen in Gruppen ein, mit wenigen Ausnahmen von 1 bis 6. Dabei ist Gruppe 1 winzig klein und Gruppe 6 riesengroß.

Man kann an dem Stempel, der sich auf der Pfeife befindet, die Gruppierung herausfinden.

Außerdem trennt Dunhill bei den Formen. Jede Pfeifenform hat eine eigene Nummer.

Als Beispiel:

Eine Dunhill Shell Briar mit der Markierung „4103“. Er sagt uns, dass es eine schwarze, sandgestrahlte Pfeife ist, in der „mittleren“ Größe 4, mit der Shape Nummer 103 – was einer klassischen, geraden Billardform entspricht.

Hinter dem „Made in England“-Schriftzug befindet sich ebenfalls, wenn auch nur sehr klein, eine Markierung. Diese gibt Aufschluss über das Herstellungsjahr. Befindet sich dort also eine „15“, wissen wir, dass diese Pfeife 2015 hergestellt wurde, sieht man dort eine „09“, ist sie von 2009. Diese Einteilung gilt zumindest für neuere Pfeifen, früher wurde ein etwas anderes System verwendet.

Alle „The White Spot“-Pfeifen haben einen weißen Punkt auf dem Mundstück, der anzeigt, wo oben und unten ist. Kenner werden jetzt sagen, dass auch Vauen einen weißen Punkt verwendet. Dies ist korrekt, beide Hersteller haben sich schon im zwanzigsten Jahrhundert rechtlich darauf geeinigt, dies weiterhin zu tun, wobei der Punkt einer Vauen für den Export-Markt einen etwas gräulicheren Farbton hat.

Was die Holzqualität angeht, gibt es bei Dunhill keine Kompromisse. Zwar sind nicht alle Pfeifen aus dieser Manufaktur wahre Augenweiden, was die Maserung betrifft, aber das Holz ist sauber, frei von Einschlüssen oder Kitt sowie alt und trocken. Dies macht sich positiv beim Rauchverhalten bemerkbar.

Als Mundstückmaterial wird ausschließlich Ebonit verwendet, das zwar mit der Zeit oxidiert, aber einen wunderbar weichen Biss bietet. Das marmorierte „Cumberland“, das mittlerweile auch von anderen Herstellern verwendet wird, war übrigens eine Erfindung des Hauses Alfred Dunhill und auch Namensgeber des Materials. Nur Anfang der 2000er Jahre experimentierte man  tatsächlich auf dem deutschen Markt – mit Acryl als Mundstückmaterial. Mit dem Endergebnis, das diese Pfeifen häufig heute noch bei den Händlern als Ladenhüter liegen.

In der Regel sind Dunhill-Pfeifen ohne Filterbohrung. Dies weniger aus Überzeugung oder weil eine bestimmte Philosophie dahinter steckt. Der globale Markt erwartet dies einfach. Diese werden nach wie vor übrigens mit dem „Inner Tube“, einem Aluminiumröhrchen im Holm ausgeliefert. Dieses war vor der Erfindung des Pfeifenreinigers tatsächlich dazu gedacht, dass sich die Pfeife nicht mit Teerablagerungen zusetzt und somit unrauchbar wird. Einen rationalen Grund, warum dies heute noch beibehalten wird, gibt es also nicht. Es wird trotzdem als Tradition fortgeführt. Aber natürlich fertigt Dunhill auch 9mm Filterpfeifen, sie sind aber aufgrund der weltweiten geringeren Nachfrage seltener zu finden. Wir haben Dunhill-Filterpfeifen im Sortiment, wenn auch nicht viele.

Die Oberflächen sind nicht lackiert oder anderweitig mit Chemikalien behandelt, sondern nur mit Carnaubawachs poliert. Dies ist insofern eine Besonderheit, da selbst die schwarzen „Dress“-Pfeifen keinen Lackauftrag haben. Bei anderen Herstellern ist das üblich. Zwar wird die Oberfläche einer solchen Pfeife im Laufe der Jahre durchscheinend, doch dies nimmt man hin, weil man das Rauchverhalten nicht negativ beeinflussen will.

All das atmet den Geist britischen Understatements und Taditionsbewusstseins. Auch wenn Dunhill-Pfeifen nicht jedem gefallen oder nicht jeder so viel Geld in eine Pfeife investieren möchte. Doch die Marke hat ihre Anhänger, sogar echte Fans und Sammler. Für kaum eine andere singuläre Marke interessieren sich Pfeifenraucher mehr, investieren Zeit und nicht unerheblich viel Geld.

An der von einigen flüchtigen Beobachtern bemerkten „schlechteren“ Qualität können wir übrigens nichts feststellen. Was diese Beobachter möglicherweise nicht wissen, ist, dass Dunhill-Pfeifen dem Fachhandel immer als Einzelstücke angeboten werden. Für gewöhnlich bringt der Außendienstler seine Pfeifenkoffer in das Geschäft (Anm.: Heutzutage ersatzweise auch gerne per Videotelefonat), und der Händler sucht die Pfeifen aus. Er nimmt sie aus den Schatullen, und die Pfeifen verbleiben direkt im Geschäft. So sieht der Händler direkt, was er kauft, und kann eventuell nicht ganz so perfekte Exemplare direkt aussortieren.

Dunhill-Pfeifen, die Qualitätskontrollen nicht passieren, landen nicht im Verkauf. Sie bekommen einen „C“- und/oder „Not for Sale“- Stempel und werden an die Pfeife rauchende Mitarbeiterschaft verschenkt. Distributeure oder Fachhändler freuen sich auch über diese Pfeifen, denn sie sind einwandfrei rauchbar. Ausgerechnet diese Pfeifen sind kurioserweise bei Sammlern besonders begehrt.

Wenn Sie also ein Herz für Tradition und alte Techniken, eine Vorliebe für Dinge haben, die Generationen überstehen und weitergegeben werden, Sie möglicherweise eher zur mechanischen Uhr als zur Smartwatch greifen und sich mit Tweedsakkos und Wachsjacken eigentlich immer gut angezogen fühlen, dann haben Sie gute Chancen der Dunhill-Leidenschaft zu verfallen. Wir hätten da Inspirationen für Sie.

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