Unser Besuch bei Mac Baren in Svendborg im Oktober 2022

Zu den absoluten Highlights wohl eines jeden Pfeifen- und Tabakenthusiasten – ob Händler oder nicht – gehört mit Sicherheit der Besuch einer Pfeifentabakfabrik.

Anfang Oktober war es bei uns, meinem Kollegen Janez Valada und mir selbst, so weit. Per Georg Jensen, der inzwischen in Berlin lebt, kam zu mir nach Lübeck, um uns beide abzuholen und mit uns die nächsten Tage zu gestalten. Es ging nach Svendborg, der zweitgrößten Stadt auf Fünen. Die Stadt ist nicht nur Namensgeber einer alten Pfeifenmarke, sondern in ihr wohnte und arbeitete auch die Pfeifenmacher-Legende Poul Ilstedt. Sie ist außerdem Firmensitz von Mac Baren, und die Gründerfamilie Halberg hatte und hat noch immer einen großen Einfluss auf die Geschicke der Stadt.

Unter anderem gehören dem Unternehmen in der Stadt zwei Hotels (in einem wohnten wir, dem Hotel Ærø direkt am Hafen, sehr empfehlenswert) sowie ein Eisbrecher (kein Witz!). Zu dem Eisbrecher wurde Henrik Halberg, der das Unternehmen bis 2021 führte, einst von der Presse befragt: „Warum haben Sie einen Eisbrecher gekauft, der jetzt bei uns im Hafen liegt?“ Seine Antwort lautete: „Nun, ich hatte noch keinen!“ Und so viel zum Thema trockener, dänischer Humor.

Wir machten es uns im Hotel gemütlich, und zur Feier des Tages wurde eine wirklich alte, verlötete Dose Capstan geöffnet, die sehr wahrscheinlich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg produziert wurde und Janez gehört. Eine Köstlichkeit! Es stieß später noch Frederik Schmitz von Mac Baren Germany hinzu, der als Key Account Manager für Großkunden in Deutschland verantwortlich ist.

Am nächsten Tag hieß es früh aufstehen und sich bereit machen, die Tour durch die Tabakfabrik anzutreten. Zunächst zeigte uns Per eine Skulptur, die auf dem Firmengelände zeigt, um was es bei Mac Baren geht: Ein Tabakblatt aus Metall, das bei seiner Einweihung noch verhüllt war. Seine Umrisse ließen allerdings eher den Schluss zu, dass es ein Fisch sei, und so hat es von den Mitarbeitern den Namen „Fisch“ bekommen, den es bis heute inoffiziell trägt.

Das Firmengelände wird durch eine Straße getrennt, wobei auf der einen Seite große Lagerhäuser für Rohtabak stehen und auf der anderen Seite die Verwaltung, Büros und große Hallen für die Produktion angelegt sind. Das Nachbargrundstück – derzeit noch ein brach liegendes Feld – wurde ebenfalls schon erworben. Hier sollen weitere Produktions- und Lagerhallen entstehen. 

Im Empfangsbereich sind die originalen Holzschilder angebracht, die dem Stammhaus der Tabakfabrik Halberg aus der Innenstand von Svendborg entstammen. Das Gebäude gibt es noch immer, allerdings ist es an einen Herrenausstatter vermietet. Des Weiteren hängt das alte Gildezeichen der Tabakzunft für alle sichtbar im Eingangsbereich. Es zeigt drei Rollen Strangtabak verschiedener Dicke, die bedeuteten, das hier Kau- und Rauchtabak hergestellt und verkauft wird. Wären es nur zwei, würde es bedeuten, dass Tabak zwar hergestellt, aber nicht verkauft wird.

An dieser Stelle erzählte uns Per übrigens noch ein sehr interessantes Detail, das darauf eingeht, warum dänischer Tabak schon sehr früh nach dem Zweiten Weltkrieg einen so guten Ruf hatte. Dänemark war eines der sehr wenigen europäischen Länder, die keinerlei Verpflichtung der Produzenten hatten, einheimischen Tabak zu verwenden. Auch nicht in einem geringen Prozentsatz. So konnte schon früh auf qualitativ hochwertige Tabake aus Afrika und Nordamerika gesetzt werden, und die Tabakmischungen waren deutlich angenehmer, milder und vor allem stabiler in der Qualität.

Im Eingangsbereich der Produktion und der Vertriebsbüros hängen einige interessante Kunstwerke, die die Halberg-Familie und der Kunstverein der Mitarbeiter des Unternehmens erworben hat. Der Kunstverein trifft sich regelmäßig und kauft mit den Beträgen der Mitglieder Kunstwerke ortsansässiger Künstler. Über die Jahre ist so schon eine echte Sammlung entstanden, und einige „Schnäppchen“ haben über die Jahre ganz erheblich an Wert gewonnen.

Was allerdings noch vor den visuellen Eindrücken an Sinnesempfindungen auf den Besucher einwirkt, ist der unglaublich angenehme und intensive Tabakgeruch, der uns sofort ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Jeder Tabakliebhaber kommt dabei wohl ins Schwärmen, und es ist bedauerlich, dass es keine Möglichkeit gibt, diese Wohlgerüche mit nach Hause zu nehmen oder Ihnen zu zeigen. Es ist absolut überwältigend!

Beim Betreten der Produktionshalle fällt der Blick auf verschiedene Tabakballen, die in den Regalen stehen. Hierbei handelt es sich um die „Arbeitstabake“, aus denen die Rohtabake, die für die aktuelle Produktion benötigt werden, entnommen werden. Jeder „Tabakquader“ hat ungefähr ein Gewicht von 200kg und wenn das jeweilige Rezept der Mischung 40kg von Sorte X oder Y fordert, kommt der Tabakblender zu dem entsprechenden Regal und entnimmt es von dort.

Interessant sind hier vor allem die höchst unterschiedlichen Sorten Virginia, die mal dunkel, mal hell, mal stark, mal weniger stark gepresst alle unterschiedliche Eigenschaften haben und aus verschiedenen Teilen der Welt kommen. Per zeigte uns zum Beispiel zwei nebeneinander stehende Ballen Virginia. Der eine war deutlich dunkler und leicht rötlich getönt. Ein so genannter „Aromavirginia“ oder „Red Virginia“, der aus Zimbabwe stammt und überwiegend im Capstan Blau verwendet wird. Daneben ein „Filler Virginia“, sehr viel heller in der Farbe und aus Bangladesh. Er wird überwiegend im Capstan Gelb verwendet.

Außerdem sahen wir interessante Burleys aus Indonesien, die auf eigentümliche Art und Weise gestapelt waren. Sie dufteten sehr aromatisch und waren bestimmt nicht von der leichteren Sorte. Etwa 300-400 verschiedene Rohtabake lagern bei Mac Baren, ein guter Teil unterschiedliche Virgias und Burleys. Aber auch Spezialitäten wie Latakia und Perique. Perique wird übrigens tatsächlich in alten Eichenfässern geliefert, ein Klischee das sich bestätigte. Und so toll Perique auch vielen Mischungen „das gewisse Etwas“ verleiht – pur in einer großen Menge riecht er alles andere als angenehm. Wegen seiner extremen Aromen- und Duftfülle wird Latakia nur ein bis zwei Mal im Jahr verarbeitet, nachdem man die übrigen Tabake separiert hat. Er würde sonst das oft sensible Aroma der restlichen Tabake beeinflussen und verfälschen.

Wir gingen weiter und uns wurden weitere Maschinen zur Tabakauflockerung und Rippenentfernung in Aktion gezeigt. Anders als bei einer Tabakfabrik, die Zigaretten herstellt, finden keine Tabakrippen Verwendung. Diese werden bei Mac Baren entfernt und verfeuert. In Zigarettenfabriken nutzen sie gern. Dort werden sie gewalzt und in „Ultraleicht“-Zigaretten verarbeitet, da Rippen kaum Aroma und nur sehr wenig Nikotin enthalten.

Dann standen wir vor einer riesigen Trommel, die aus Virginia Black Cavendish hergestellt. Er wird mindestens 24 Stunden mit heißem Wasserdampf behandelt, was den Zucker karamellisieren lässt und eine braune bis schwarze Färbung erzeugt. Dieser Tabak schmeckt sehr mild und leicht, aber auch hier gibt es Varianten und Abstufungen.

Noch ein paar Schritte weiter erreichten wir die „Flake-Abteilung“, die bei Mac Baren einen besonderen Stellenwert hat. Sieben Kaltpressen (hier werden z.B. Capstan oder MB Navy Flake hergestellt) und zehn Warmpressen (u.a. St. Bruno Flake, Old Dark Fired) befassen sich mit der Flakeherstellung. Die Warmpressen sind mit Dampf beheizt, der nur Gehäuse und Metallteile erhitzt und nicht direkt zum Tabak gelangt. Warmpressen mildert den Tabak etwas ab und nimmt Virginia etwas Schärfe. Außerdem setzt er einen chemischen Prozess in Gang, der sich als „Reifeprozess in Zeitraffer“ bezeichnen lässt. Das Verfahren ist recht aufwändig und wird in dieser Form heutzutage nur noch von Mac Baren durchgeführt. Früher waren vor allem nordirische Tabakhersteller für dieses Verfahren bekannt. In der Flake-Abteilung standen auch einige interessante Flakeplatten-Stapel. Zum Beispiel Capstan Gelb, der sehr viel heller als Capstan Blau war.

In die „Alchemisten-Küche“ durften wir auch. In diesen Räumen werden in großen Edelstahltanks Saucierungen, Casings und Aromatisierungs-Essenzen für die verschiedenen Mischungen hergestellt. Uns fiel auf, dass überwiegend Zutaten Verwendung finden, die uns wohlbekannt sind. Zum Beispiel feinste belgische Schokolade von Callebaut, Rohrohzucker, Lakritzextrakt und Lakritze als Rohmasse. In einem der Bottiche war gerade das Casing für die Originial Choice-Mischungen angesetzt, das auf die Black Cavendish Bestandteile appliziert wird.

Fertige Ware und Vorprodukte, die in den Hallen standen, waren im Prinzip schon verkauft. Mac Baren ist ein Auftragsproduzent und die Aufträge für die Ware, die gerade produziert wurde, wurden vor ungefähr sechs Wochen eingereicht. Wenn also ein Tabak zufällig plötzliche Popularität erfährt, würde es sechs Wochen dauern, bis man den Bedarf decken könnte. Dieser Fall ist allerdings unwahrscheinlich. Meistens verläuft der Abverkauf in einem relativ gleichmäßigen Strom.

Eine weitere Abteilung ist die für die Herstellung von der besonderen Mac Baren Spezialität: Curlys und Twists wie z.B. Stockton, Dark Twist oder Club Blend. Hier wird sehr viel Handarbeit geleistet und viel Fingerspitzengefühl ist erforderlich. An einer Maschine, die wie eine überdimensionierte Zigarettenrollmaschine aussieht, steht eine Mitarbeiterin, die große, intakte, geschmeidig gehaltene, goldgelbe Virginiablätter auf die Rollfläche platziert. Auf die Virginiablätter wird die Einlage gelegt, die zum größten Teil aus nur grob zerteilten Tabakblättern aus Virginia, Kentucky und Burley besteht. Es sieht so aus, als ob die großen Tabakblätter die „Blättchen“ wären, und die Einlage der Zigarettentabak. Nun drückt die Mitarbeiterin einen Knopf und die Maschine fährt die Rollfläche mehrfach vor und zurück, bis man eine fertig gerollte „Tabakwurst“ erhält. Die nun fertigen Tabakstränge müssen etwas reifen, bevor sie in einer speziellen Maschine geschnitten werden.

Diese Maschine ist uralt, mit viel offener Mechanik und beweglichen Teilen. Die Arbeitssicherheit beanstandete sie immer wieder, denn nach modernen Maßstäben ist an dieser Maschine das Verletzungsrisiko zu hoch. Um sie dennoch weiterbetreiben zu können, hat man einen Käfig oder „Aquarium“ aus Acrylglasscheiben und Aluminiumprofilen um sie gebaut, um ein unbeabsichtigtes Hineinfallen u.Ä. zu vermeiden. Nur die absolut notwendigsten Teile liegen frei. Abgesehen davon ist diese Maschine sehr wartungsaufwändig und hat einen hohen Schmierbedarf.

Es hat sich übrigens herausgestellt, dass die Twists unbedingt geschnitten werden müssen. Ansonsten kann schnell Schimmel entstehen, da die Feuchtigkeit im Tabakstrang einfach nicht schnell genug verdunsten kann. Wird der Verdunstungsprozess beschleunigt, nehmen die Curlys Schaden und werden brüchig. Unsere Idee von einem ungeschnittenen Tabakstrang als mögliche Hausmarke konnten wir somit „begraben“.

Nicht weit entfernt von der Strangtabakherstellung findet auch das Schneiden und Verpacken der Flakes statt. Dieser Arbeitsschritt ist zwar schon weitestgehend mechanisiert, doch auch hier spielt Handarbeit noch eine wichtige Rolle. So werden die fertig geschnittenen „Flakestapel“ per Hand in die Dose gelegt und verklebt. Bei dieser Gelegenheit überprüft man auch die Beschaffenheit und Feuchtigkeit des Tabaks. Würde der Flake also zu feucht oder zu trocken, fiele es hier auf. Abgesehen davon bewahrt man Fertigungsproben jeder Produktionscharge mindestens ein Jahr auf, um für den Fall der Fälle nachvollziehen zu können, woran das Problem festzumachen ist. Für diese Proben gibt es ein eigenes Lager.

In einer weiteren Halle, für die man die Pfeifentabakproduktion verlassen muss, ist die Herstellung von tabakfreien Snus angesiedelt. Hier wird an brandneuen Maschinen und hocheffektiven Verfahren nach Lebensmittelstandards gearbeitet. Frische Menthol- und Zitrusnoten liegen in der Luft. Aus fertigungstechnischer Sicht bestimmt interessant, aber an der kurzen Dauer der Besichtigung dieses Teils spürt jeder, dass hier unser Herz nicht höher schlägt.

Man bemerkt im übrigens überall Platzmangel. Einige Büros sind daher schon extern in Containern ausgegliedert, um sie unterbringen zu können. Deshalb ist der Ausbau auf dem jetzt erworbenen Nachbargrundstück auch so enorm wichtig.

Man sieht ein großes Potenzial in der Zigarettentabakherstellung und bei Snus, sodass neu geschaffene Flächen benötigt werden.

Das Thema Track & Trace (d.H. die vom Gesetzgeber vorgeschriebene, lückenlose digitale Nachverfolgbarkeit von Tabakprodukten zwischen Hersteller und Handel) nimmt viel Raum ein und bündelt Ressourcen. In den nächsten zwei Jahren wird diese Thematik vom Gesetzgeber auf den Warenbereich Pfeifentabak ausgeweitet. Dies bedeutet hohe Kosten für jede einzelne Sorte. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Kosten auf die Produktvielfalt drücken werden.

Außerdem hat sich Mac Baren – ganz besonders der deutsche Ableger Mac Baren Tobacco Germany – strategisch auf den Feinschnittmarkt ausgerichtet. Alle maßgeblichen Verantwortlichen in der deutschen Vertriebsorganisation stammen ursprünglich aus der Zigaretten- und Feinschnittbranche. Und auch wenn immer wieder betont wird, dass man „seine Wurzeln“ nicht vergessen will und dem Pfeifentabakgeschäft stark verbunden bleibt, merkt man doch, dass ein anderer Wind weht, der sich eher an dem orientiert, was Zahlen und vermeintlich akkurate Analysen vorgeben.

Leider kennen Brancheninsider diese Ausrichtung vom dänischen Mitbewerber von Mac Baren nur zu gut und können nur davor warnen, sich zu sehr von seiner Fachhändlerschaft und deren Bedürfnissen zu entfernen. Man muss nur auf diesen Mitbewerber schauen.

Damit verbunden ist übrigens der zu befürchtende und unwiederbringliche Verlust von Know-how und Standing in der Branche.

Abschließend danken wir Mac Baren und insbesondere Frederik Schmitz und Per Georg Jensen für die unglaubliche Zeit, die wir in Svendborg verbracht haben, und die Erfahrung, die wir machen durften. Natürlich auch für die Gastfreundschaft.

Wir hoffen natürlich auf eine weiterhin gute und fruchtbare Zusammenarbeit, die wir intensivieren und stärken möchten.

Als wir schon fast auf dem Rückweg waren, haben wir übrigens noch Halt bei einem für den deutschen Markt neuen Pfeifenmacher gemacht, der auch in Svendborg ansässig ist: Flemming Jakobsen fertigt Pfeifen in unglaublich hoher Präzision und hat vor allem ein Talent für Bulldogs und Facetten. Seine Pfeifen finden Sie demnächst bei uns!

 

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