Einleitung: Träume und Wünsche
Träume und Wünsche gibt es viele, auch wenn man auf die 50 zugeht. Einer dieser Träume ging für mich am 28. Juni dieses Jahres in Erfüllung. 2015 besuchte ich während meines Junggesellenabschiedes das Peterson-Geschäft in der Nassau Street zum ersten Mal. Dieses Mal nutzte ich die herzliche Einladung und verschaffte mir während einer ausführlichen Führung einen gründlichen und äußerst lehrreichen Einblick in die Herstellung meiner Lieblingspfeifen.
Historie und Entwicklung von Peterson
2015 feierte Peterson sein 150-jähriges Jubiläum, 2025 wird Peterson dann bereits das 160-jährige feiern. Dass eine Firma so lange Bestand hat, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eher eine Ausnahme und zeigt, dass Peterson allen Unkenrufen zum Trotz immer sehr viel richtig gemacht zu haben scheint. Daran scheinen auch die Besitzerwechsel über die Zeit nichts zu ändern. Wechsel dieser Art lösen in der Pfeifenwelt nicht selten Skepsis und Besorgnis aus. So auch der Wechsel von Tom Palmer zu Laudisi Enterprises im Juli 2018. Nur ist da auch etwas dran? Fragt man nach der Sicht der Mitarbeiter vor Ort, so antworten diese eindeutig mit „now thousand times better“ („jetzt tausendmal besser“). Das sollte man durchaus mal sacken lassen.
Veränderungen nach dem Besitzerwechsel
Mit dem Wechsel hat sich sicher einiges verändert. Da wäre zum Beispiel die Stempelung. Während Petersons von 2001 bis Oktober 2021 mit „Peterson of Dublin“ gestempelt wurden, so werden sie seit November 2021 mit „Made in Ireland“ gestempelt. In diesem Zusammenhang ist man auch generell wieder zum richtigen Stempel zurückgekehrt und hat Abstand von der bei Liebhabern unbeliebten Lasergravur genommen. Besonders Peterson-Fans schätzen das geschichtliche Erbe der Marke und den Umstand, dass die meisten Pfeifen noch genauso hergestellt werden wie in den „guten alten Tagen“.
Rückbesinnung auf Traditionen
Auf dieses geschichtliche Erbe legt Peterson seit dem Besitzerwechsel mehr Wert. So werden aktuell wieder viel mehr Pfeifen mit dem berühmten Lippenbissmundstück hergestellt. Auch Ebonit als Mundstückrohstoff wird wieder häufiger verwendet. Zudem kommen zusätzlich zu den traditionellen Shapes, die seit Jahrzehnten das Aushängeschild der Marke sind, auch wieder längst vergessene historische Formen, zum Beispiel in Form von Jahrespfeifen, auf den Markt. Auch Anhänger leichter, filigraner Pfeifen kommen aktuell voll auf ihre Kosten. Die irische Klassik ist zurück.
Neue Produktionsstätte und Personalentwicklung
Weiter gab es einen örtlichen Wechsel. So ist eine neue Fabrik im Deansgrange Business Park, ganz in der Nähe der alten Wirkungsstätte, entstanden. Diese bietet jetzt großzügigere, hellere und besser ausgestattete Räumlichkeiten. Erfreulich ist auch, dass die Mitarbeiterzahl von 18 (bei Übernahme) auf 36 wieder angewachsen ist. Das sind sogar mehr als noch 2007 (da waren es 30). Auch die Produktionszahl dieser Zeit mit 75.000 Pfeifen pro Jahr (1600 als Ziel pro Woche) wird aktuell wieder als Ziel anvisiert. Mit Giacomo Penzo wurde zudem ein junger und sehr talentierter Pfeifenmacher engagiert, welcher u.a. neue Prototypen produziert, aber auch in einer eigenen Werkstatt innerhalb der Fabrik seine eigenen Pfeifen herstellt, welche weltweit bekannt sein dürften.
Innovationen und Traditionen bei Peterson
Die hauseigene Sandstrahlung wurde auf neue Füße gestellt und so gibt es aktuell wieder mehr grandios gestrahlte Petersons denn je. Auch die tiefe und grobe Rustizierung, welche 1987 mit der Einführung der Sherlock Holmes Serie das Licht der Welt erblickte, wird wieder produziert. Peterson ist auch bekannt für seine traditionellen Silberarbeiten. Hier ist mit dem Hauptsilberschmied Jason Hinch und Simon Ellard erst einmal Nachwuchs gesichert.
Herausforderungen und Kreativität
Nachteilig ist sicher die aktuelle Verfügbarkeit an makellosem Holz für unter anderem Premiummodelle. Dieser Mangel ist aber nicht nur ein Peterson-Problem. Peterson machte hier aktuell aus der Not eine Tugend und so kommen aktuell Fans rustizierter und gestrahlter Modelle voll auf ihre Kosten. Auch wurden neue, dunkle, aber auch wirklich schöne Beiztöne, wie die der Heritage-Modelle, eingeführt. Kreativ war man in Dublin schon immer. Festgehalten werden kann auch, dass es keine wesentlichen Preissteigerungen gab. Im Gegenteil, solide und bezahlbare Modelle gibt es aktuell mehr denn je. Denn dafür stand Peterson immer mit ehrlichen, robusten und bezahlbaren Pfeifen mit guten Raucheigenschaften.
Der Herstellungsprozess
Was ist geblieben? Der Herstellungsprozess. Nicht wenige der Maschinen sind 50 Jahre und älter. Auch zum Teil über hundertjährige Maschinen werden noch verwendet, da sie unverwüstlich sind. Im Wesentlichen sind alle Arbeitsschritte gleichgeblieben. Die Bruyere-Kanteln werden nach Ankunft getrocknet und dann nach Größe sortiert, um sie für etwaige Shapegrößen vorzusortieren. Anschließend werden die Köpfe entsprechend der Shapemöglichkeiten gedreht (Beispielfoto zeigt eine XL90). Dann werden die Köpfe oberflächlich befeuchtet und entsprechend der Grainqualität sortiert. Eine etwaige Art der Oberflächenbehandlung Rustizierung/Strahlung/Schleifen wird vorgenommen. Holm- und Kopfbohrungen erfolgen. Je nach Modell wird eine Beizung aufgetragen und abgeflammt. Silber und andere Zierringe oder Oliven werden angebracht. Montage des Peterson Ps auf dem Mundstück. Abschlussprüfung mit ggf. Aussortierung von Mängelexemplaren/Abschlusspolitur. Verpackungsvorgang in die Pfeifenschachteln mit Garantieschein etc. Je nach Ausführung kann die Reihenfolge etwas variieren.
Langjährige Mitarbeiter und Tradition
Auch viele Mitarbeiter sind geblieben. So sind nicht wenige bereits seit 20 bis 30 Jahren bei Peterson. Darunter auch Joe Kenny, der dieses Jahr offiziell in den Ruhestand gehen wird, aber vorhat, danach weiter arbeiten zu kommen. Wenn man all diese Punkte betrachtet, erscheint auch die Befürchtung unlogisch, warum durch einen Besitzerwechsel schlagartig die Qualität leiden sollte. Betrachtet man all die Arbeitsschritte, so wird einem klar, dass in Serienpfeifen verdammt viel harte Handarbeit steckt. Mir hat dieser Besuch wieder gezeigt, gerade diesen Aspekt wieder viel mehr zu schätzen. Hier wird ein hochwertiges Produkt manuell hergestellt, welches bei guter Behandlung ein Pfeifenraucherleben lang und darüber hinaus hält bzw. halten kann. Betrachtet man dies, so relativiert sich der Preis einer Pfeife sehr schnell.
Persönliche Erfahrungen und Ausblick
Ich habe einzelne Produktionsprozesse selbst ausprobieren dürfen (Strahlen, Mundstück biegen und Stempeln) und mir ist nun mehr denn je klar, wie viel Erfahrung und Praxis die einzelnen Fertigkeiten benötigen. Ich werde mit mehr schätzender Anerkennung, aber auch mit noch mehr Freude und Leidenschaft meine Petersons genießen und dabei an die herzliche Gastfreundschaft in Dublin denken. Natürlich musste ich auch hinterher noch einmal in das Pfeifengeschäft in der Nassau Street und bin selbstverständlich fündig geworden. Die kommende Jahrespfeife durfte ich auch schon sehen und kann nur sagen, dass diese ein Knaller wird. Ein weiterer Pfeifentraum aus Irlands Hauptstadt.
Danksagung und Widmung
Ausführliche Hintergrundinformationen zur Marke Peterson findet der Leser in diesem Beitrag: Zur Marke Peterson
Der Autor bedankt sich bei seiner lieben Frau Theresa und seinen Kindern, die sich bezüglich seiner Pfeifenleidenschaft immer verständlich zeigen und ihn unterstützen. Außerdem bei Glen Whelan und Jonathan Fields von Peterson. Ich widme auch diesen Beitrag dem unvergessenen Petenut Jim Seamus „The Sandpiper“ Lilley, sowie dem einstigen IPPC (International Peterson Pipe Club) und natürlich Peterson of Dublin selbst.
Anmerkung: Wir bedanken uns bei Dr. Leander Hirthe für die interessanten Einblicke, und freuen uns auf weitere Beiträge!