Über Orienttabak, Flakes und weitere Entwicklungen bei Gladora und Kopp Tobaccos

Oliver Kopp war letzte Woche von Mittwoch bis Freitag mit einigen seiner Mitarbeiter (unter anderem Thomas Nitsche, dem Masterblender) zu einem Besuch in der Türkei. Gladora Tobacco sowie ein Rohtabakhersteller in der Millionenstadt Izmir standen auf dem Programm.

Ich hatte diese Woche Gelegenheit, ein ausführliches Gespräch mit Oliver Kopp über seine Eindrucke vor Ort zu führen und welche interessanten Informationen daraus ableiten.

Allererste Info: Die aktuell leider nicht erhältlichen Gladora Pesse Canoe-Flakes sind auf dem Weg nach Deutschland. Zu dieser Situation ist es eigentlich nur gekommen, weil der Importeur, nämlich Kopp, die Nachfrage viel zu niedrig eingeschätzt hatte. Entsprechend schnell war die erste Lieferung ausverkauft. Zum anderen gab es Probleme damit, die deutschen Steuerbanderolen per Versand in die Türkei zu bekommen. Erst als ein Mitarbeiter aus der Türkei die Steuerzeichen persönlich in Deutschland abholte, konnte dieses Problem gelöst werden. Ende diesen Monats (Juli 2024) gehen die Pesse Canoe Flakes an die Fachhändler.

Zusätzlich werden in den nächsten Wochen und Monaten drei weitere, etwas aromatisierte Flakes in Rellingen eintreffen, die derzeit in Izmir produziert werden. Man will das Gladora-Portfolio auf dem Deutschen Markt stärken, darüber hinaus hat sich Kopp aber auch auf eine weltweite Vertriebskooperation mit dem Hersteller verständigt. International soll das gesamte Sortiment angeboten werden.

Das Unternehmen Gladora Tobacco ist mit zehn Mitarbeiten relativ klein, allerdings ist der Automatisierungsgrad in der Produktion deutlich höher als beispielsweise in Rellingen bei Kopp, und so ist die Produktivität recht hoch. Durch Auflagen des türkischen Staates musste man komplett in neue Maschinen investieren, die aktuellen Arbeitsschutzvorschriften genügen. Die gute Nachricht dabei ist, das es offenbar in der Türkei versierte Firmen gibt, die moderne Flakepressen herstellen können. Auch die Produktionsfläche wurde vorgegeben, die derzeit noch viel zu groß bemessen ist. Der Inhaber, Özkan Tok, betrieb vor Gladora Tobacco eine Wasserpfeifentabakfabrik, sah aber auf dem stark entwickelten Markt gegenüber den „Big Playern“ keine Zukunft mehr. So verkaufte er das Unternehmen und gründete zusammen mit drei Freunden, die er seit früherster Jugend kannte, Gladora Tobacco. Gladora verwendet übrigens ausschließlich Tabak, der in der Türkei angebaut wurde.

Alles, was mit Tabak in der Türkei zu tun hat, ist stark reguliert. Es gibt das türkische Tabakmonopol, das heutzutage keine eigenen Produktionsstätten mehr hat, sondern die Regulierung über Lizenzen organisiert. Wird Tabak angebaut, benötigt man dafür eine spezielle Lizenz, wird Tabak verarbeitet, benötigt man hierfür eine weitere Lizenz, wird Tabak vertrieben, ist dafür wiederum eine separate Lizenz notwendig. Der türkische Staat macht Vorgaben, was für den Erwerb dieser Lizenz notwendig ist, und überprüft, ob sie erfüllt wurden. Gladora hat Lizenzen für den Tabakanbau und für die Verarbeitung. Für den Verkauf sind sie auf Handelspartner angewiesen.

Oliver Kopp und seine Mitarbeiter hatten das Vergnügen, sich den Orienttabak-Anbau auf einem Feld vor Ort anzuschauen und es sich erklären zu lassen. Wenn man den Anblick von mannshohen, riesigen Tabakpflanzen in der Karibik gewohnt ist, ist man überrascht, wenn man sieht, dass ausgewachsene Orienttabak-Pflanzen nur etwa bis kurz über das Knie hinausragen. Auch der Anbau unterscheidet sich maßgeblich von anderen Arten und Gegenden. Das Saatgut wird an die Bauern verteilt. Zusätzlich erhalten diese einen Vorschuss, um ihre Kosten zu decken. Nur in der Anfangsphase werden die jungen Setzlinge gegossen, dann werden sie auf die Felder gepflanzt und sich selbst überlassen. Es wird nicht mehr gegossen. So muss sich die Pflanze an die harschen Bedingungen anpassen. Starker Sonnenschein, Temperaturen bis zu 45 Grad und nur wenig Regen. Für den eigenen Schutz bildet die Pflanze kleine Härchen aus, an denen sich Morgentau niederschlägt, und so für regelmäßige Feuchtigkeit sorgt. Auch Öle und Fette lagern sich zum zusätzlichen Schutz der Pflanze an der Oberfläche ab. Diese sind sehr wichtig für die angestrebte Aromatik des Tabaks. Zusätzlich bevorzugen die Pflanzen den steinigen, aber porösen Boden, der in der Gegend um Izmir vorherrscht. Aufgrund dieser Bedingungen werden die Pflanzen nicht besonders hoch, aber auch die Blätter, aus dem der eigentliche Tabak hergestellt wird, werden nicht größer als eine Handfläche (unten) und können so klein sein, wie ein kleiner Finger (oben). So ist der Ertrag recht gering, aber die Eigenschaften und Aromatik absolut einzigartig. Aufgrund des geringen Ertrages war die Bezahlung der Bauern immer ein Problem. Doch Gladora und seine Lieferanten haben die Löhne erheblich angehoben, um so den Tabakanbau für die Bauern wieder rentabel zu machen.

Die Ernte erfolgt übrigens ausschließlich per Hand und gepflückt werden die einzelnen Tabakblätter, die Pflanze bleibt stehen. Bei der ersten Ernte werden die größeren, unteren Tabakblätter gepflückt, später erst die oberen, kleineren Blätter. Man verzichtet auch auf das „Köpfen“ der Pflanze, wie es bei karibischen Tabakpflanzen üblich ist.

Anders als verschiedene Tabakbezeichnungen suggerieren, ist nicht Zypern, sondern die Türkei das Zentrum der Latakia-Herstellung. Vor Ort konnten Latakia-Qualitäten in Augenschein genommen werden, wie sie seit Jahrzehnten von den Tabakmeistern in Europa nicht mehr gefunden werden konnten. Ölig, harzig, „fettig“, rauchig und unglaublich aromatisch. Man darf sich darauf freuen, dass dieser Latakia mit Sicherheit in einigen Kopp-Mischungen wiederzufinden sein wird. Auch die Qualität der Tabakstruktur ist deutlich höher als das, was man bis erst kürzlich in Europa kannte, und dazu führte, das z.B. Flakes mit Latakia nicht mehr als Flakes hergestellt werden konnten, weil sie zu Ready Rubbed zerfielen. Das jetzt besichtigte Blattgut hat eine feste Blattstruktur, die nicht zerfällt.

Wenn alles gut klappt, wird man in den nächsten Jahren auch Katerini-Tabak in Kopp-Mischungen wiederfinden. Derzeit gedeiht er auf einem Versuchsfeld. Von diesem Versuch wird abhängig gemacht, im nächsten Jahr in weitere Anbauflächen zu investieren.

Latakia kann in verschiedenen Qualitäten hergestellt werden. Dabei wird die höchste Qualität über drei Monate dem Rauch ausgesetzt, der für die ausgeprägte Aromatik verantwortlich ist. Der Rauch wird durch einen pistazienartigen Strauch erzeugt, dessen Abbau ebenfalls staatlich reglementiert ist. Er wächst in der Umgebung von Izmir. Diese Sträucher werden frisch verwendet, damit durch das Blattgrün der Rauch besonders dicht und aromatisch ist. Je länger der Tabak dem Rauch ausgesetzt ist, desto höher die Qualität, und desto höher der Preis.

Lieferant des Latakias von Gladora ist das Unternehmen ASTAB, das durch den türkisch-niederländischen Frederik Cramer geführt wird. Er war einige Jahrzehnte als Orient-Einkäufer für Phillip Morris tätig, kennt so den Tabak und die Branche aus dem FF. Eigentlich könnte Frederik Cramer schon den Ruhestand antreten, doch er lebt viel lieber seinen Traum, Orienttabak, Virginia und Latakia in fantastischen Qualitäten herzustellen. Seine Mitstreiter sind ehemalige Mitarbeiter des türkischen Tabakmonopols, ein ideales Team also.

Im Übrigen sind auch die Virginia-Tabake aus der Türkei qualitativ sehr süß und sehr aromatisch, und Kopp überlegt, auch diese Tabake zukünftig für die eigene Mischungen zu verwenden.

Der Fachhandel wird außerdem auf der anstehenden Intertabac 2024 die Möglichkeit haben, die türkischen Ansprechpartner kennenzulernen.

 

 

Schreibe einen Kommentar