Syrischer Latakia. Mythen, Legenden und Tatsachen.

Kürzlich in einem Online-Forum für Pfeifenraucher: „Ich möchte unbedingt mal den echten, syrischen Latakia probieren, welchen Tabak kaufe ich dafür am besten?“

Jeder von uns ist mit dem Themenbereich wahrscheinlich schon in Kontakt getreten oder hat davon gehört. Syrischer Latakia, am besten noch aus dem gleichnamigen Ort, wo bekommt man ihn?

Kommen wir ohne Umschweife zur Antwort. Die lautet: „Gar nicht“, denn syrischen Latakia gibt es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Auch Vorräte in Lagerhäusern sind vermutlich längst aufgebraucht. Dies ist eine Tatsache.

Die Mythen und Legenden über die Umstände sind allerdings mannigfaltig und mit schwankendem Wahrheitsgehalt. Aber eins nach dem anderen.

In ebensolchen Online-Medien werden Spekulationen, das dies mit dem seit Jahren tobenden Bürgerkrieg in Syrien zu tun hat, oft als Wahrheit verkauft. Hört sich plausibel an. Doch Fakt ist, es hat nichts mit dem Bürgerkrieg zu tun. Schon weit vor dem Bürgerkrieg gab es keinen typischen, geräucherten Latakia-Tabak mehr in Syrien.

Dies hat verschiedene Gründe und liegt vor allem an zwei Faktoren.

Zum einen: Die gesunkene Nachfrage. Unzweifelhaft hat seit der Popularisierung von aromatisierten Tabaken die Nachfrage an Latakia-Würztabaken erheblich nachgelassen. Aber schon weit davor ging der Bedarf zurück. Dies hat mit einem Thema zu tun, das man auf den ersten Blick gar nicht in einen Zusammenhang setzen würde: Die Einführung von Deodorants. Denn Latakia war im anglophonen Ausland vor allem deswegen so beliebt, weil er, wenn er geraucht wurde, ganz hervorragend Körpergerüche überdeckte. Dies wurde durch Deos überflüssig. Es war der größte Faktor, der dem syrischen Latakia schon früh zusetzte.

Zum anderen: Zum Aromatisieren und Räuchern des Orient-Tabaks wurden in Syrien Pflanzen, Blätter und vor allem die Rinde einer speziellen Baumart benutzt. Diese Bäume wuchsen allerdings zunehmend weniger und waren nur noch schwer zu erreichen. Für die Tabakbauern nachteilig, wurden diese Bäume noch unter Naturschutz gestellt. Die Latakia-Herstellung wurde somit illegalisiert und die Tabakbauern erhielten sogar Ausgleichszahlungen für Ihre Verluste.

So sind die Gründe des Niedergangs von syrischem Latakias vor allem wirtschaftlicher Natur, wie auch stark beeinflusst von Ressourcenknappheit durch Raubbau.

Da es mit der Durchsetzung von Gesetzen in Syrien nicht so weit her ist, gab es dennoch hin und wieder kleinere Tabakbauern, die ihre Herstellung an Zwischenhändler verkaufen konnten. So konnte Anfang der 2000er ein Dänischer Tabakhersteller noch die gesammelten 10 Tonnen syrischen Latakias aufkaufen.

Ein paar Jahre später tauchte noch eine Restmenge in einem italienischen Lagerhaus auf. Hier war die Qualität allerdings so schlecht, dass sie nicht für die Herstellung von Pfeifentabak geeignet war.

Die letzten Dosen Pfeifentabaks die syrischen Latakia enthielten, gingen im November 2017 in den Versand.

Andere Tabakhersteller in Deutschland verkauften zwar Mischungen, die sich „Syrian Latakia“ nannten, enthielten aber schon jahrelang keinen mehr. Einige europäische Hersteller hatten einfach vergessen, ihre Artikelbeschreibungen umzuändern als sie – teilweise schon vor Jahrzehnten – auf zypriotischen Latakia umstellten.

Eine weitere, häufig gehörte Legende besagt, dass syrischer Latakia schon seit den 70er Jahren nicht mehr erhältlich ist. Restbestände, von denen man bis Ende der 90er Jahre zehrte, sind in einem riesigen Brand eines Lagerhauses abgebrannt. Das war’s. Syrischer Latakia war Geschichte. Diese Legende kommt vor allem aus den USA und wurde – ich gebe es zu – auch von mir wiedergegeben. Ganz korrekt ist sie aber nicht. Denn sie betrachtet nur einen Tabakhersteller, nämlich Cornell & Diehl, der so seine syrischen Latakiavorräte tatsächlich verloren hat. Woanders gab es ihn aber noch!

Denn auch nach diesem Zeitpunkt wurde von anderen Herstellern in Dänemark Latakia in Syrien erworben. Allerdings direkt, nämlich die besagten 10 Tonnen.

An dieser Stelle möchte Ich ihnen auch noch mitgeben, dass es heute wahrscheinlich ein zweifelhaftes Vergnügen wäre den alten syrischen Latakia zu rauchen. Der „heilige Gral“ ist es jedenfalls nicht. Latakia-Tabak, und vor allem der syrische, verliert über die Jahre sein rauchiges Aroma. Das ist in alten, verschlossenen Dosen kein Problem, da die Aromen von den anderen Tabaken wieder aufgenommen werden. In Lagerhäusern, wo der Tabak lose gelagert wird, ist dies aber sehr wohl problematisch, da er so seine einzigartige Aromatik verliert.

Hinzuzufügen bleibt noch, dass mittlerweile auch andere Länder Latakia herstellen. Bulgarien zum Beispiel. Deswegen sollte man meiner Meinung nach eher von „Latakia zypriotischen Stils“ sprechen.

Haben Sie dennoch weiterhin Freude an Ihren englischen Mischungen mit Latakia. Viele alteingesessenen Pfeifenraucher schworen schon immer auf zypriotischen Latakia, da dieser runder, aromatischer und auch rauchiger ist.

Wenn Sie jetzt Lust auf latakiahaltige Tabake bekommen haben, wir haben da eine Kleinigkeit vorbereitet: 132 Mischungen mit Latakia.

 

 

Schreibe einen Kommentar