Bei Savinelli läuft alles etwas anders. Unser Besuch im Oktober 2023

Diesen Oktober war es endlich so weit. Frau Benden, Kollege Janez Valada sowie meine Wenigkeit brachen auf Richtung Norditalien, um uns bei Savinelli in Barasso, wenige Kilometer nördlich von Milano, einzufinden. Mit dabei war Oliver Kopp, seines Zeichens Importeur und Distributor von Savinelli in Deutschland.

Wir wollten uns einen Eindruck von der Produktion verschaffen sowie einige Projekte besprechen.

In der Vergangenheit gab es bekanntlich immer wieder Gerüchte über zu wenig Personal in der Produktion, leere Auftragsbücher und sonstige Probleme in der Fertigung. Es gab also genug Gründe, sich die Gegebenheiten vor Ort ein wenig genauer anzuschauen.

Nach der Landung in Milano trafen wir uns zunächst mit Oliver Kopp, der sich drei Tage Zeit nahm, um uns auf diesem Trip zu begleiten und uns mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die Firma Kopp Pipes ist seit einigen Jahrzehnten der Handelspartner des Vertrauens von Savinelli, und einen weiteren Ansprechpartner mit Erfahrung mit dabei zu haben, stellte sich als überaus vorteilhaft heraus.

Wir trafen uns zunächst im kleinen Savinelli-Shop in der Innenstadt von Mailand, das vor Besuchern und Touristen aus aller Welt nur so brodelte. Hinzu kam das selbst für Norditalien ungewöhnlich warme Wetter, das uns Temperaturen um die 25 Grad bescherte.

Von dort aus ging es über Landstraßen und die Autobahn ins Pfeifenmuseum in Gavirate, das sehr interessante Exponate ausstellt. Geführt wurde die Tour von Ariberto Paronelli, der hier auch seine Werkstatt hat. Sollten Sie selbst einmal vorhaben, das Museum zu besuchen, melden Sie sich bitte telefonisch oder per Email an. Es ist nicht immer geöffnet.
Neben Pfeifen von Alberto Paronelli, des Firmengründers, sind hier vor allem Pfeifen der einstmals größten Pfeifenfabrik der Welt ausgestellt: Rossi. Die alte Fabrik ist übrigens nur wenige Meter entfernt von der Savinelli-Manufaktur. Ein Besuch des Museums lohnt sich in jedem Fall. Als Pfeifenraucher kann man sich beispielsweise eine Freehand-Pfeife von Ariberto Paronelli aussuchen. Und Pfeifenhersteller finden eine Menge Inspiration in den ausgestellten Modellen.

 

Nach einem ausgiebigen Abendessen fanden wir uns am nächsten Morgen in Barasso ein. Frau Rivolta und der Exportmanager Paolo Tamborni begrüßten und vor dem Savinell-Gebäude. Es liegt etwas Abseits in einer Sackgasse in der Achille-Savinelli-Straße(!). Die verschiedenen Gebäude dürften aus den 60 oder 70er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen. Sie bestehen im Wesentlichen aus Bruyerelager mit baulichen Besonderheiten zur besseren Belüftung, Verwaltungs- und Büroteil sowie einer ausgedehnten Produktionshalle. Unser Weg führte zunächst in den Besprechungs- und Showroom, in dem wir einige Ideen und Anregungen diskutierten. Dann ging es gemeinsam in das Bruyerelager.

Dort liegen beeindruckende Bruyerevorräte. Bei der angespannten Situation auf dem Bruyeremarkt ist dieser Umstand besonders bemerkenswert. Auch die Tatsache, dass jeden Monat aufgestockt wird. Die nächste Lieferung sollte direkt nach unserer Abreise eintreffen. Es lagern dort unbearbeitete Kanteln, die auf die Sortierung warten. Die Sortierung nach Größen und Formen wurde bis vor einigen Jahren von den Mitarbeitern aus der Produktion selbst ausgeführt. Leider geschahen so aber immer wieder Fehler, und so manche Kantel wurde nicht passend zu ihrer Größe einsortiert. Dies sorgte für mehr Verschnitt und Verzögerungen in der Produktion, abhängig davon, wer gerade die Sortierung durchführte.

Daher wurde in den letzten Jahren eine Weltneuheit bei Savinelli eingeführt. Eine Kamera, die durch einen ausgeklügelten Algorithmus gesteuert wird, ordnet die Kanteln den unterschiedlichen Kategorien zu. Diese Arbeit kann durch jeden Mitarbeiter ausgeführt werden und funktioniert sehr zuverlässig. Diese Arbeitserleichterung hat die Effizienz erheblich gesteigert.

Aber auch in anderen Bereichen der Produktion wird auf moderne Technik gesetzt. Zum Beispiel moderne CNC-Maschinen zur groben Ausformung der Pfeifenköpfe. Oder auch moderne Technik zur Organisation der Arbeit. Jeder Mitarbeiter hat auf seiner „Station“ ein Tablet, auf dem die notwendigen Arbeitsschritte aufgeführt sind. Die Mitarbeiter dokumentieren den jeweiligen Arbeitsfortschritt. Dieser ist in der Produktionshalle auf einem großen Monitor sichtbar. Man arbeitet oft mit QR-Codes. So weiß jeder Mitarbeiter, wie auch der Produktionsleiter, wie es gerade um die Arbeit im Unternehmen bestellt ist.

 

Man hat einen hohen Vorrat an fertig gedrehten Pfeifenköpfen der unterschiedichen Shapes, auf die flexibel zurückgegriffen werden kann. Diese lagern in der Produktionshalle selbst. Frau Rivolta zeigte uns die unzähligen Beutel voller vorgedrehter Köpfe. Man hat den Vorsatz so unabhängig wie möglich von externen Lieferanten zu sein. Sonja Rivolta ist die Geschäftsführerin von Savinelli und führt das Unternehmen seit einigen Jahren. Sie ist sehr organisiert, professionell und immer auf Effizienz bedacht. Ganz gewiss Attribute die in vielen Pfeifenmanufakturen fehlten, die es vielleicht aus diesen Gründen heute nicht mehr gibt.

Norditalien hat die Corona-Epidemie schwer getroffen, doch für das Unternehmen Savinelli war diese Zeit auch ein echter „Nachfrage- Booster“. Mittlerweile spricht Savinelli wieder von einer Jahresproduktion von 120.000 Pfeifen, was wirklich bemerkenswert ist. Man leistet dies mit 47 Mitarbeitern.

Bei der Besichtigung fällt auf, das es zwar sandgestrahlte Pfeifen gibt, aber nicht in dem Ausmaß wie bei anderen Herstellern. Dies liegt daran, dass man bei Savinelli eine andere Philosopie verfolgt. Sandgestrahlt werden nur schöne, hochwertige Hölzer. Dafür hat man ein sehr hochwertiges Sandstrahlkabinett, in dem Einzelstücke Stück für Stück gestrahlt werden können. Doch eine Vorrichtung für das industrielle Sandstrahlen zahlreicher Köpfe in einem Arbeitsgang hat man nicht. Möchte man auch nicht. Pfeifen mit rauer Oberfläche in den mittleren Preislagen werden daher bei Savinelli sorgfältig rustiziert. Dies ist im Übrigen ein Arbeitsgang, der viel Handarbeit und Erfahrung benötigt.

Es fällt weiterhin auf, das es keine überalterte Belegschaft wie in anderen Pfeifenmanufakturen gibt. Damit hängt zusammen, dass man schon seit 10 Jahren auf neue Mitarbeiter und die Suche nach Fachkräften setzt. Dieser Prozess beginnt in den meisten anderen Pfeifenmanufakturen erst jetzt. Bei Savinelli versucht man Möglichkeiten zu nutzen, die sich bieten. So sind zum Beispiel auch vier Flüchtlinge aus der Ukraine Mitglieder der Belegschaft.

Naben all den Innovationen und modernen Fertigungstechniken findet man natürlich auch schöne, alte Drehmaschinen mit denen Tag für Tag gearbeitet wird. Bei geraden Savinelli-Pfeifen wird die Pfeife in eine Schablone gespannt und der Rauchkanal automatisiert gebohrt. Bei gebogenen Pfeifen ist er bei Savinelli allerdings immer frei Hand ausgeführt. Auch dies ist eine Besonderheit, die nur auf Savinelli zutrifft. Wie bei vielen anderen Manufakturen hat Handarbeit also einen sehr hohen Anteil. So hoch, dass es wohl kaum Sinn macht von „Factory Pipes“ zu sprechen. Manufakturware ist viel zutreffender.

Die Eindrücke die wir von Savinelli mitnehmen sind überaus positiv und optimistisch. Savinelli ist ein Unternehmen, das die Herausforderungen der aktuellen Zeit erkannt hat. Die Produktion ist effektiv organisiert, der Rohstoffnachschub durch beste Verbindungen gesichert, der Fachkräftemangel längst nicht so akut. Dies unterschiedet die Firma von vielen anderen in der Branche. Die Gerüchte jedenfalls, die von einer unbekannten Quelle gestreut wurden, sind absolut haltlos.

Wir selbst konnten uns von der unglaublich hohen Qualität bei der Fertigung und der Rohstoffe überzeugen. Dies macht für uns den Umstand, dass es bei Savinelli im Vergleich zu anderen Herstellern die wenigsten Reklamationen und Probleme gibt, sehr gut nachvollziehbar.

Neben all den interessanten Eindrücken bei Savinelli ist es in Italien aber vor allem das Essen, das uns die Zeit ganz besonders angenehm gemacht hat.
Wir danken für die Gastfreundschaft, die überaus interessanten Einblicke und freuen uns auf ein Wiedersehen.

Schreibe einen Kommentar