Das Format eines Interviews hatten wir in dieser Form hier noch nicht. Deswegen kurz zur Erklärung: Das Gespräch fand am 20.10.20 in der Werkstatt von Christian Oehme in Reinbek statt. Es wurde geführt von Christian Probst (Cigarworld), der Treibstoff war Kaffee aus der Kanne, sowie Latakia in der Pfeife.
Wir teilen das Interview in zwei Teile, weil es sonst einfach zu umfangreich wird. Nächste Woche gibt es dann den zweiten Teil.
Cigarworld: „Christian Oehme, wir sind in deiner Werkstatt, was genau machst du hier, und wie fing das alles an?“.
Christian Oehme: „Angefangen hat es damit, dass ich begann Pfeife zu rauchen und mich bei Ebay nach gebrauchten Pfeifen umgesehen habe. Gebrauchte Pfeifen müssen aufgearbeitet werden, also beschaffte ich mir Werkzeug. Wenn man bei eBay Konvolute kauft, will man nicht immer alle Pfeifen für sich selbst behalten. Also bietet man die fertig aufgearbeiteten Pfeifen wieder bei Ebay an. Irgendwann wurde das aber so viel, dass ich Angst hatte, dass irgendwann der Mann vom Finanzamt vorm Fenster steht und Geld haben will. Da habe ich dann ein Gewerbe angemeldet“.
Cigarworld: „Also eigentlich wolltest du dich vorrangig mit dem An- u. Verkauf von gebrauchten Pfeifen beschäftigen?“.
Christian Oehme: „Ja, so war das eigentlich geplant. Aber wir wissen ja wie das ist, es kommt immer anders als man denkt. Später habe ich hier im Reinbeker Käseblatt eine Stellenausschreibung gesehen, wo ein Spezialbetrieb eine Aushilfe für die Pfeifenreparatur sucht“.
Cigarworld: „Ok, dann hast du dort also das „Handwerk“ der Reparatur einer Pfeife gelernt?“.
Christian Oehme: „Ja, im wesentlichen schon. Dieser Betrieb macht eigentlich alle Arten von Reparaturen von Pfeifen und Feuerzeugen. Vor allem neue Mundstücke. Aber vieles habe ich mir selber angeeignet. Ich weiß gar nicht wie viele Stunden ich dafür vorm Rechner verbracht habe. Allein ein Rezept für die dusselige Einrauchpaste herauszufinden, das auch vernünftig ist, hat mich Tage gekostet. Ich bin da noch von der „alten Schule“ und suche mir die Infos selbst zusammen. Halte ich auch für besser und nachhaltiger. Viele Fragen ja heutzutage in Social Media und bekommen alle Arten von Antworten. Wenn man aber selbst ein bisschen recherchiert, kommt man viel effektiver ans Ziel. Wie zum Beispiel auch mit meiner Ozonkammer (deutet hinter sich)“. Anmerkung: Die Ozonkammer wird dazu genutzt unangenehme Geschmäcker und Gerüche aus gerauchten Pfeifen zu entfernen.
Cigarworld: „Und mit was für einem Equipment hast du dann deine ersten Versuche gestartet?“
Christian Oehme: „Das war so ein kleiner Polierbock, wie ihn Goldschmiede auch nehmen, in der Drehzahl verstellbar und viel, viel Handarbeit natürlich“.
——-Telefon klingelt——–
Christian Oehme: „Sorry, da muss ich wirklich grade mal ran gehen“. Er erfährt, dass er nicht zu einem spontan angesetzten Dienst erscheinen muss (Anmerkung: Er ist Hauptberuflich eigentlich beim Rettungsdienst tätig)
Er fährt weiter fort: „Ja, im wesentlichen viel Handarbeit und Zahnarztwerkzeug. Bis heute noch. Unglaublich, was für gute Dienste das Zahnarztwerkzeug schon geleistet hat und das ganze im Hauswirtschaftsraum bei mir im Wohnhaus. Dann kam zeitnah aber auch das Ding da (deutet auf kleine Drehmaschine), damit konnte man schon mal auf Filter umbauen, bisschen schleifen und so…“.
Cigarworld: „Ok, dann hattest du ja anfangs auch eine recht einfache Ausrüstung…Was für Schäden kannst du mit deiner jetzigen Werkstatt denn eigentlich wieder in Ordnung bringen?“
Christian Oehme: „Hört sich doof an, aber eigentlich fast alles. Ich hatte erst neulich einen schlimmen Durchbrenner, bei dem ich im Prinzip den kompletten Boden erneuert habe. Abgebrochene Holme, Zapfen, neue Mundstücke. Auch Durchbeißer kann ich ganz häufig reparieren, da brauche ich dann auch kein neues Mundstück machen. Aber wo es schwierig wird, ist wenn du am Pfeifenrand, zum Zugloch einen Durchbrenner hast. Das ist dann häufig so dünn, das die Pfeife auch nach einer Reparatur nicht mehr haltbar ist“.
Cigarworld: „Was machst du in diesem Fall? Du rufst den Kunden an, und teilst Ihm mit es ist ein „wirtschaftlicher Totalschaden“?“.
Christian Oehme: „Ja, genau. Das ganze soll ja auch haltbar und rauchbar sein. Aber die Kunden sind dann sehr dankbar dass sie diese Rückmeldung von mir bekommen. Ich habe zum Beispiel einen Kunden, der raucht nur Giants, aber die richtig großen Dinger. Da passt schon eine Kinderfaust rein. Der schickte mir neulich eine Pfeife, wo der Boden total kaputt war. Er wünschte jedoch ausdrücklich, dass diese Pfeife repariert werden solle. Rauchen würde er sie nicht mehr, aber es war mal ein Geschenk, und da sitzt da ein emotionaler Wert drin. Das mache ich dann natürlich auch, wenn es der Wunsch des Kunden ist“.
Cigarworld: „Du hast jetzt unzählige Pfeifen repariert. Was für Pflegetipps würdest du unseren Pfeifenrauchern mit auf den Weg geben?“.
Christian Oehme: „Gut, ich kenne jetzt die Pfeifenraucher, die Ihre Pfeife wirklich kaputtpflegen. Die von innen regelrecht „kaputtgeräumt“ sind, oder einfach nicht schmecken wollen, weil sie andauernd „daran rumschrauben“. Dann gibt es noch die anderen, wo die Kohlekruste so dick ist, das man kaum noch Tabak in die Pfeife bekommt. Ein gesundes Mittelmaß sollte da eigentlich jeder finden. Und eine persönliche Bitte noch: Wenn ein Pfeifenraucher Filterpfeifen ohne Filterpatrone raucht, bitte ab und zu Filterkammer zu säubern. Was man da aus dem Filterzapfen rausholt- unglaublich. Wie das stinkt! Solche Pfeifen können gar nicht mehr schmecken!“.
Cigarworld: „Du siehst so viele Pfeifen von unterschiedlichen Herstellern. Kannst du da einen Hersteller ausmachen, wo du besonders gute oder schlechte Qualität siehst?“.
Christian Oehme: „Nein, am Hersteller lässt sich das wirklich nicht festmachen. Aber man bemerkt einen zeitlichen Verlauf. Ich rede jetzt von Serienpfeifen. So in den sechziger bis Anfang der neunziger Jahre, als es noch richtig viele Pfeifenraucher gab, da wurden qualitativ richtig, richtig gute Serienpfeifen hergestellt. Natürlich gab es auch einfachere Qualitäten, aber die Funktionsfähigkeit war eigentlich immer gegeben. Wenn man sich heutzutage manchmal, nicht immer, Serienpfeifen anschaut, merkt man einfach das sie viel liebloser verarbeitet sind.
Und weiter: Aber ich bekomme allerlei Anfragen und Pfeifen zugeschickt. Teilweise richtig teuren Stücke, die auf dem Gebrauchtmarkt schon über 10.000€ gebracht haben. Da hat man dann natürlich noch eine ganz andere Körperspannung. Aber manchmal rufen die Kunden an und fragen, ob sich denn eine Reparatur noch lohnt. Da muss ich immer sagen, dass nicht immer der Preis entscheidet, sondern der Wert, und den kann nur jeder individuell für sich selbst benennen„.
Cigarworld: „Wenn die Pfeifenraucher dir jetzt Pfeifen zur Reparatur schicken und ein neues Mundstück brauchen, verlangen sie dann Acryl oder Ebonit?“.
Christian Oehme: „Ja, doch. Viele wollen heutzutage einfach ein Acrylmundstück, weil es nicht mehr anläuft. Da ist dann das Mundgefühl und die Haptik nicht mehr entscheidend, da steht dann die Pflegeleichtigkeit im Vordergrund. Ich biete auch häufig an, das Mundstück zu reparieren, weil ich eigentlich immer den Anspruch habe, möglichst wenig an der Pfeife zu verändern. Aber oft wird das dann gar nicht gewünscht“.
Cigarworld: „Und wie würdest du das einordnen eher mit oder eher ohne Filter. Was bekommst du eher zu Gesicht?“.
Christian Oehme: „Ganz klar, mit Filter. Aber auch weil einige Ihre komplette Sammlung hier einschicken, mit der Bitte die Pfeifen für 9mm Filter aufzubohren. Also Filterumbau ist grundsätzlich ein großes Thema. Klar, die „Spezialisten“ weiterhin ohne. Oder auch „Opa Heinz“, dem das Thema eigentlich völlig egal ist“.
Der Zweite Teil folgt zeitnah.