Interview mit Hans Wiedemann, der Mann hinter HU Tobacco

Kennen Sie HU Tobacco? Falls noch nicht, wird es dringend Zeit! Das kleine Tabaklabel das im wesentlichen von Hans Wiedemann betrieben wird, hat einzigartige und interessante Tabakmischungen, die es so kein zweites Mal auf dem deutschen Markt gibt. Seit einigen Jahren hat sich eine treue Anhängerschaft für diese Tabakspezialitäten herauskristallisiert. Weil Hans sehr nah an der Pfeifencommunity ist, und ständig neue Ideen in der „Pipeline“ hat, gibt es auch immer wieder Neuigkeiten. So kamen dieses Jahr insgesamt drei neue, limitierte Tabake auf den Markt, die jeweils innerhalb weniger Stunden ausverkauft waren.

Wir wollen nun Hans Wiedemann zu Wort kommen lassen und ein wenig die Hintergründe hinter dieser kleinen, feinen Tabakmarke beleuchten. Das Interview konnte lagebedingt natürlich nicht persönlich geführt werden. Doch auch per Email kann man interessante Details herausarbeiten.

Cigarworld: Was hat dich dazu bewogen Pfeife zu rauchen?

Hans Wiedemann: Das Pfeiferauchen ist bei mir vermutlich erblich bedingt. Mein Papa hat nicht ausschließlich, aber schon immer auch Pfeife geraucht. Er genoss seine Pfeife in Stunden der Ruhe und zelebrierte den Rauchvorgang immer aufs Schönste. Als kleiner Junge saß ich oft mit ihm zusammen als er seine Pfeife rauchte. Es waren immer die schönsten Stunden für mich, da die Stimmung richtig relaxt und der Geruch seines Tabaks in meiner Erinnerung immer unheimlich angenehm war. Ich denke diese Stunden der Geborgenheit waren der Grundstein meiner Faszination für die Pfeife. Nach dem Anzünden durfte man dann auch noch ein- oder zweimal ziehen und das war schon ein bissl abenteuerlich. Damals war das Rauchen ja auch noch nicht ungesund, sondern Sinnbild für höchsten Genuss, aber auch für Männlichkeit. Andere Zeiten, andere Denkmuster. Die Zeit verklärt manche Situationen, aber diese schönen Momente waren sicherlich mit ein Grund dafür, mit dem Pfeiferauchen anzufangen. Bis vor einigen Jahren habe ich ja auch noch Zigaretten geraucht, allerdings nie leidenschaftlich, während mir die Pfeife hingegen immer heilig war.

Cigarworld: Seit wann rauchst Du Pfeife?

Hans Wiedemann: Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob ich hier wahrheitsgemäß antworten darf. Was früher ein Kavaliersdelikt war gilt ja heute als ein „Anschlag“ auf die gesamte Menschheit. Ich rauche Pfeife seit meinem 13. Lebensjahr. Heute unvorstellbar, aber das war halt damals so. Meine erste „richtige“ Pfeife habe ich mir von meinem Konfirmationsgeld gekauft. Eine Vauen Luxus boah…mit 9mm-Filter, 79,- DM. Das war schon was und gab meiner Pfeifenleidenschaft richtigen Schub. Die Pfeife besitze und genieße ich noch heute und wenn ich so über die Oberfläche streiche, kommt immer wieder mal die Erinnerung an die Zeit, als ich mir diese Pfeife gekauft habe, hoch.

Cigarworld:  Wie bist du auf die Idee gekommen ein eigenes Pfeifentabaklabel zu gründen?

Hans Wiedemann: Naja, so ganz allein kam mir die Idee nicht. In Sachen Tabak war ich schon immer sehr experimentierfreudig bzw. neugierig. Sobald ich einen mir unbekannten Tabak sah, musste ich den unbedingt probieren. Man könnte ja etwas verpassen. Dadurch eignete ich mir in relativ kurzer Zeit einen großen Geschmackshorizont an und lernte für mich einzuschätzen, welche Art Tabakmischungen ich mochte und warum ich diese mochte. Es verfestigte sich ein Bild idealer Tabake. Dann, Anfang der 2000er Jahre kam ich mit der Welt der Lakelandtabake in Berührung, welche mir ein so ganz anderes Spektrum der verschiedenen Aromen eröffnete. Und eigentlich sind die Aromaten schuld daran, dass bei mir und meinem Freund Kelvin Pohler von CO Pipes, die Idee reifte, sich daran zu versuchen, solche Tabake, eben diese Lakelandtabake oder auch amerikanische Sorten, nach Deutschland zu importieren. Natürlich völlig naiv bei den ganzen Regularien und Importauflagen. Ganz abgesehen davon, dass so etwas nur im großen Stil funktionieren würde. Nach kurzer Zeit waren wir sehr ernüchtert und wir verwarfen den Plan. Kelvin stand damals schon am Anfang seiner Pfeifenmacherei und er wollte sich dann lieber auf das Pfeifenmachen konzentrieren. Wovon wir heute aufs Schönste profitieren. Es reifte dann bei mir der Gedanke heran, Tabakmischungen selbst zu blenden und eine Hobbymarke zu schaffen.

Ich hatte auch schon immer Tabake für mich und meine Freunde kreiert und als ich denen davon erzählte, drängten sie mich doch die für sie schon kreierten Tabake via eines Internetshops anzubieten. Zum Glück waren sowohl die Fa. Kohlhase & Kopp als auch die Fa. DTM bereit mit mir dieses Startup zu wagen. 2011 gab es dann auf der Lohmarer Pfeifenmesse das Debüt von HU Tobacco. Ein reines Hobbylabel, welches sich aber zwischenzeitlich als Nischenanbieter unter den großen Herstellern und als Marke ganz gut etabliert hat.

Cigarworld: Ist HU Tobacco dein Haupterwerb?

Hans Wiedemann: Ha,ha,ha… nein, HU Tobacco ist ein reines Hobby. Aufgrund meiner gesundheitlichen Situation ist HU Tobacco zwischenzeitlich auch auf so vielen Schultern verteilt, dass es hier für mich nichts mehr zu verdienen gibt. Das ist nur noch just for fun und dass es HU Tobacco noch gibt ist nur der Lust am Tabak geschuldet. HU Tobacco wird es solange geben, solange ich Spaß an der Sache habe. Mit Geld hat das schon lange nichts mehr zu tun.

Cigarworld: Wenn nein, was machst Du sonst?

Hans Wiedemann: Ich arbeite in Deutschlands größter Fabrik für Innentüren. Ich bin dort im Bereich Supply Chain Planning tätig und kümmere mich um all die logistischen Dinge, die im normalen Fluss nicht geklappt haben oder besonders schnell über die Bühne gehen müssen… von Rückständen/Vorzügen in der Produktion oder im Werksverkehr bis hin zur Organisation von Sondertransporten zum Kunden oder auf die Baustelle. Innerhalb dieser Aufgabe bin ich Ansprechpartner und Bindeglied zwischen den Bereichen Produktion, Disposition, Produktionsplanung und Verkauf. Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, besonders weil man nie weiß, was einen in der nächsten Stunde erwartet. Man muss schnell Entscheidungen treffen, unter Abwägung aller Auswirkungen und Kosten. Ein Job, bei dem man abends entschleunigen muss und hier hilft mir die Pfeife sehr gut dabei, wieder auf Normalspannung zu kommen.

(Dieses Foto stammt von Steffen Müller, Fotograf und Pfeifenmacher)

Cigarworld: Hattest Du auch mal Interesse selbst Pfeifen zu bauen?

Hans Wiedemann: Ich habe mal drüber nachgedacht, aber aufgrund meiner nur eher grobmotorischen Fähigkeiten habe ich diesen Gedanken sehr schnell wieder verworfen. Ich denke, das ist auch gut so und im Bereich Tabak bin ich besser aufgehoben. Man muss hier einfach auch ehrlich zu sich sein.

Cigarworld: Welche Tabake haben am meisten Einfluss auf dich genommen?

Hans Wiedemann: Ich denke am meisten Einfluss haben die Lakelandtabake auf mich genommen. Einerseits mit ihren fantastischen Naturtabaken und andererseits mit der unnachahmlichen Art der Aromatisierung. Wobei ich zugeben muss, dass ich in letzter Zeit eher selten Lakelands rauche. Ich bin absoluter Gegner davon, Blends nachzubauen, abgesehen davon, dass dies nicht wirklich funktioniert, aber als Vorbild habe ich mir schon den ein oder anderen Blend genommen.

Cigarworld:  Welche Tabake rauchst du selbst gerne?

Hans Wiedemann: Naja, natürlich HU Tabake :-) Aber Spaß beiseite, ich habe da ein großes Spektrum. Ich liebe im Naturbereich den MB Pure Virginia Flake, die Peterson Navy Rolls sowie einige Blends aus der Mc Connell Heritage Reihe. Im Aromabereich liebe ich florale englische Aromen. Besonders mag ich hier Bob’s Square Cut, Grousemoor Plug, aber auch einige DTM Aromaten, die in diese Richtung gehen. Bei den Latakia-Blends ist mein Allzeit-Liebling der Robert Lewis 123 Mixture und der Peterson Aperitif. Aber leider muss ich so viele andere Blends zur Wissenserweiterung probieren, sodass ich eher selten meine Lieblinge rauchen kann. Wenn es aber zeitlich klappt, dann mit absolutem Hochgenuss.

Cigarworld: Welche Pfeifen bevorzugst Du selbst – OFi/MiFi?

Hans Wiedemann: Diese Frage ist schnell beantwortet. Eindeutig OFi-Pfeifen. Nicht nur weil ich am liebsten ohne Filter rauche, sondern auch weil sie meist graziler sind. Aber ich habe auch kein Problem eine Filterpfeife zu kaufen, wenn sie mir gefällt. Filter weglassen und gut ist es. Nachteiliges konnte ich hier noch nicht feststellen.

Cigarworld:  Wie funktioniert das mit dem Tabakblenden?

Hans Wiedemann: Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Ich kann nur sagen, wie bei mir neue Blends entstehen. Als erstes entsteht ein Blend bei mir im Kopf. Ich habe meist eine klare Vorstellung, was ich machen möchte und wie die Mischung schmecken sollte – auch mit welchen Tabaken ich dies erreichen könnte. Sobald ich ein klares Bild habe, beginne ich auch schon Probemischungen zu erstellen. Dies passiert bei mir zu Hause. Ich habe sämtliche Tabake, die mir zur Verfügung stehen, zuhause. Nach dem Proberauchen wird dann solange geändert, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Danach lasse ich eine Gegenprobe von den Herstellern mischen. Wenn dann alles passt, geht es auch schon los……mit all den anderen Dingen die dazu gehören bevor eine Mischung auf den Markt kommt.Klingt alles total easy und ist es in der Theorie auch. Allerdings steckt der Teufel im Detail und man braucht schon ein sehr gutes Geschmacksvermögen. Außerdem muss man seine Grundtabake schon sehr gut kennen, um zielsicher vorgehen zu können.

Cigarworld: Wo lässt Du deine Tabake mischen?

Hans Wiedemann: Ich lasse bei DTM (Dan Tobacco) und bei K&K (Kohlhase & Kopp) mischen.

Cigarworld: Haben amerikanische Tabake Einfluss auf dich genommen?

Hans Wiedemann: Ehrlich gesagt, eher nicht. Klar mag ich viele amerikanische Blends, besonders im Burley Orient und Perique-Bereich. Auch sind Greg Pease und Russ Ouelette wahre Meister ihres Fachs, aber im Grunde meines Herzens bin ich tabaktechnisch glühender Europäer.

Cigarworld:  Was hältst du von Lakelandtabaken?

Hans Wiedemann: Da habe ich ja meine Meinung in vorherigen Fragen schon ausführlich kundgetan. Die sogenannten Lakelandtabake sind für mich ganz großes Kino und einige meiner Lieblinge kommen aus den Lakelands. Irre Aromen, wahnsinnig schöne Flakes, kurzum, ich finde sie einfach toll. Lediglich im Latakiabereich fühle ich mich woanders besser aufgehoben.

Cigarworld:  Wie beurteilst du die deutsche Tabaklandschaft insgesamt?

Hans Wiedemann: Für mich ganz klar der beste Tabakmarkt, den es gibt. In Deutschland haben wir mit DTM und K&K zwei Hersteller, die in der Welt ganz oben mitspielen und die uns eine Vielfalt bescheren, die vermutlich einzigartig ist. Dazu die ganzen Importmarken, das ist dann schon ein Brett, für das wir uns glücklich schätzen können. Der Traditionshersteller Planta musste ja leider seine Pforten schließen, wobei ich zugeben muss, dass ich nie ein großer Fan von Plantatabaken war. Aber auch aus Berlin kamen verschiedene Naturtabake, die in meinen Augen spitze waren und deren Aromaten hatten auch sehr viele Fans. Dass Planta die Segel streichen musste, tut mir irre leid. Aber Gott sei Dank hält Mac Baren einige Klassiker am Leben, sodass uns nicht alles verloren ging.

Cigarworld: Warum gibt es von Dir keine Hocharomaten?

Hans Wiedemann: Das kann ich so nicht ganz unterschreiben. Mit dem Great Dixter, dem Sissinghurst oder dem Morocan Bazaar und Darkwood Scenery habe ich schon prägnante Aromaten im Programm. Es sind halt keine dänisch geprägten Aromen, die hier zum Einsatz kommen, sondern hier zeigt sich meine Vorliebe für den englischen Stil der Aromatisierung. Ich habe, zumindest bisher, keinen Vanilletabak im Angebot, wobei ich hier an einer Idee arbeite. Aber du hast recht, HU Tobacco steht mehr für Naturtabake und weniger für Hocharomaten. Viele meiner nicht genannten Aromaten sind sehr dezent aromatisiert und stellen immer den Tabak in den Vordergrund. Aber das Hauptaugenmerk von HU Tobacco liegt ganz klar im Naturbereich.

Cigarworld: Welche Bedeutung haben deine Pfeifenfreunde in Bezug auf die Tabakentwicklung?

Hans Wiedemann: Die verrückte Antwort lautet hier wie folgt: eine sehr große Bedeutung und gar keine Bedeutung. Ich möchte das kurz erklären. Im Allgemeinen haben meine Pfeifenfreunde keinerlei Einfluss auf meine Tabakentwicklungen. Klar bekomme ich immer mal Wünsche genannt und „kannst du nicht sowas oder sowas ähnliches machen“. Solche Ideen nehme ich schon auf, gehe aber nicht ins Detail. Da mein Tabakhobby frei von finanziellen Interessen ist, möchte ich mir auch die volle Unabhängigkeit bewahren. Zudem habe ich es schon in meinem Katalogbuch geschrieben: gut wird, was Spaß macht und wenn ich jetzt mit einem Mirabellen-Vanille-Tabak auf Black Cavendish Basis ankomme, dann bin das nicht ich. Solchen Tabaken könnte ich keine persönliche Handschrift mitgeben und ich denke, wer sich für Tabake eines kleinen Blenders entscheidet, entscheidet sich auch für dessen persönlichen Stil der Tabakkomposition. Mein Augenmerk liegt mehr auf meinem persönlichen Geschmack und Stil als auf einer optimalen Marktbreite. Und genau das mögen meine Kunden.

Aber es gibt auch eine Tabaklinie, die ich nicht allein gemacht habe bzw. mache. Die sogenannte Africa Line ist ein Gemeinschaftswerk von Peter Hemmer und mir. Peter ist, was die Geschmacksbeurteilung angeht absolut genial. Ich persönlich kenne niemanden der Tabake so gut lesen und erklären kann wie Peter. Bei dieser Tabakreihe ist Peter der Hauptideengeber. Meist wirft Peter eine Idee in den Ring und wenn ich die Idee gut finde, mache ich mich ans Werk den geplanten Charakter in Mischungen umzusetzen. Diese besprechen und ändern wir dann so oft, bis wir beide von dem Blend überzeugt sind. Ich denke mit der Africa Line haben wir richtig tolle und facettenreiche Tabake kreiert, mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten. Ich habe hier sowohl an der Zusammenarbeit als auch am Ergebnis richtig viel Spaß. Wir lassen uns gegenseitig Raum, um dann trotzdem ein gemeinsames Produkt zu erschaffen. Das ist für mich schon großes Kino und ich glaube, wir beide profitieren ungemein von den jeweiligen Stärken des anderen.

Ähnlich geht es mir mit der Zusammenarbeit mit Alexander Broy. Ein leidenschaftlicher Pfeifenliebhaber und Künstler. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem künstlerischen Aspekt unserer Verpackungen und Labels. Alexander ist ein wahnsinnig kreativer Mensch, der aber auch Ideen anderer Platz lässt und dadurch ein großartiges Klima für kreatives Arbeiten schafft. Mir sind die Verpackung oder schöne Labels sehr wichtig. Die Klasse und die Wertschätzung eines Produktes spiegelt sich auch immer in seiner Präsentation wider. Ein hochwertiges Produkt verdient auch eine hochwertige Verpackung. Diese Auffassung teilt nicht jeder, aber wenn ich dann die stolz gezeigten Bilder alter Tabakdosen sehe, bestärkt mich das in meiner Auffassung. Und deshalb werden wir diesen Weg auch weitergehen, selbst wenn es sehr teuer ist. Wenn HU Tobacco mal Geschichte ist, so werden sich sicherlich noch viele Menschen lange an den schönen Dosen/Etiketten erfreuen und dann haben wir alles richtig gemacht.

Um mit der Qualität der Mischungen und der künstlerischen Gestaltung unserer Website sowie Dosendesigns auch sprachlich auf der Höhe zu sein, setzt Cala Jane meine Gedanken, aber auch ihre Intentionen in ansprechende Texte und Beschreibungen um. Da HU Tobacco immer auch kleine Entstehungsgeschichten rund um eine neue Mischung veröffentlicht, ganz im Sinne eines ganzheitlichen Produktes, oder aber mit einem Blend auf besondere Ereignisse hinweist, ist mir die sprachliche Seite sehr wichtig. Und Cala ist hier auch ein richtiges Brett!

Das Ganze soll alles andere als überheblich klingen, denn HU Tobacco ist Hobby und das soll Spaß machen. Und alle Beteiligten haben eine riesige Freude daran, ihre Stärken einzubringen. An dieser Stelle dafür auch mal ein ganz dickes Dankeschön.

Cigarworld: Welche Bedeutung haben Pfeifenmessen für dich?

Hans Wiedemann: Traditionell haben Tabakmessen für mich den höchsten Stellenwert. Klar, mit und an Lohmar bin ich gewachsen. Hier fiel der Startschuss für HU Tobacco. Zudem bieten Pfeifenmessen die Möglichkeit, direkten Kontakt mit Kunden aufzunehmen. HU Tobacco ist ja zwischenzeitlich schon eine kleine Familie und scherzhaft spreche ich immer von VEB (Volkseigener Betrieb) HU Tobacco. Diese vielen Verbindungen und der tolle Kontakt zu den Leuten, mit denen ich viele Ideen gesponnen und zum Teil umgesetzt habe, ist irre schön und auch wichtig für mich. Ich möchte ja nicht die graue Eminenz einer Firma sein. HU Tobacco ist und bleibt Hobby, von Pfeifenrauchern für Pfeifenraucher, und das lebt auch vom persönlichen Feedback und dem Kontakt zu den Kunden und Freunden. Ich mache das alles leidenschaftlich und diese Leidenschaft möchte ich auch mit anderen teilen. Denn gut wird, was Spaß macht.

Cigarworld: Warum haben einige deiner Tabake so ungewöhnliche Namen?

Hans Wiedemann: Ich denke mal, du beziehst dich auf die Namensgebung der Africa Line. Die Grundidee dieser Tabakreihe war es, die Bedeutung afrikanischer Tabake in den Fokus zu stellen. Wir haben versucht, bei den Blends möglichst viele Tabakkomponenten aus Afrika zu verwenden. Das geht natürlich nicht durchgängig, aber was ging, haben wir gemacht. Diesem Umstand wollten wir auch bei der Namensgebung Rechnung tragen, weshalb hier die für uns ungewöhnlichen Namen entstanden sind. Die Namen haben allesamt etwas mit Afrika zu tun. Seien es Landstriche, Volksstämme, Städte… usw. Diese Tabakreihe entstammt einer ungewöhnlichen Idee und die Namen versinnbildlichen diese Idee. Nach anfänglich großer Skepsis von Seiten der Kunden geht den Leuten zwischenzeitlich ein Name wie Fayyum genauso gut über die Lippen wie Director`s Cut.

Cigarworld: Hast Du Vorbilder sowohl beim Tabakblenden als auch Tabakvorbilder?

Hans Wiedemann: Ja klar, ich bin ja nur absoluter Laie und Hobbymischer – von daher möchte ich die großen Namen gar nicht mit mir in Verbindung bringen. Aber Greg Pease oder Russ Ouelette sind schon Leute, zu denen ich aufsehe. Aber ich möchte jetzt hier doch bei der HU Tobacco Arbeit bleiben und da kann ich nur sagen, wir haben in Deutschland mit den Tabakmeistern von Kohlhase&Kopp und DTM schon richtig tolle Jungs und Mädels am Start. Ich bin nur Laie, aber ich bin überzeugt, dass wir uns hier international nicht verstecken müssen. Ich bin alles andere als ein Nationalist, aber die tolle Zusammenarbeit mit den Leuten sowie die Ergebnisse lassen mich immer wieder staunen.

Als Tabakvorbilder sehe ich für mich die klassischen „großen“ Blends. Three Nuns, Erinmore Flake, den alten Mc Connell Original Red Virginia oder den Orlik Sailor`s Flake. Klar, die alten Dunhill Tabake und, und, und. Einfach ehrliche und raffinierte Mischungen – dieses Motto sehe ich auch als Arbeitsgrundlage für Hu Tobacco.

Cigarworld: Wie zufrieden bist du mit der Tabakqualität insgesamt?

Hans Wiedemann: Auch hier kann ich nur laienhaft antworten, da ich ja kein Tabakmeister bin. Um Tabake bewerten zu können, bedarf es sicherlich jahrelanger Erfahrung und einer Arbeit rund um den Tabak. Ich sehe mich hier als Rezepteur und nicht als Tabakfachmann. Die Frage ist ja auch, was die Qualität eines Tabaks ausmacht? Glimmfähigkeit? Blattstruktur? Farbe etc. Ich mache es mir jetzt ganz einfach. Qualität bedeutet für mich als Rezepteur, welche Geschmacksintensität bringt eine Tabaksorte mit, bringt der verwendete Tabak die sortentypischen Geschmacksnuance rüber? Wenn eine Tabakkomponente flach und kratzig schmeckt, sehe ich die Qualität als nicht gut an. Aber das ist eine völlig laienhafte Betrachtungsweise und Tabakfachleute werden sich jetzt sicherlich den Bauch vor Lachen halten. Aber diese Art von Qualitätsdenken bezogen auf einzelne Komponenten ist für mich weniger relevant. Ich betrachte dann die fertige Gesamtkomposition unter dem Aspekt der Qualität. Schmeckt die Mischung komplex, hält sie den Geschmack, changiert der Geschmack, kommen die sortentypischen Merkmale wie gewünscht zur Geltung? Ist der Geschmack rund und stimmig. Ist das Tabakbild für die Art des Blends ansprechend? Das sind Fragen, die mich umtreiben und die für mich relevant sind. Die Grundtabake die K&K und DTM verwendet, sind sicherlich gut, was immer das auch heißt und von daher: ja, ich bin mit der angebotenen Tabakqualität zufrieden.

Cigarworld: Welche Tabaksorte (Virginia, Burley, Latakia.ect) magst du am liebsten?

Hans Wiedemann: Hier hat klar der Virginia die Nase vorne. Einfach aus dem Grund, dass Virginia die Hauptgrundlage der meisten Tabakmischungen darstellt. Klar lassen sich Blends rein aus Würztabaken machen und die Ergebnisse sind mitunter toll, aber irgendwie zieht es mich dann doch immer wieder zu Virginia dominierten Mischungen hin. Als zweites würde ich Latakia sagen. Nicht weil ich überwiegend Latakiamischung rauchen würde, sondern auch hier sehe ich es aus der Sicht des Blenders. Latakia kann einer Mischung so viele verschiedene Aspekte verleihen und sie in Richtungen schubsen, wie kaum ein anderer Tabak. Das finde ich faszinierend. Je nach Menge der Zugabe, wirkt Latakia rauchig, ätherisch dämpfend oder er feuert eine spezielle Richtung an. Das ist schon manchmal erstaunlich und oft entscheiden hier geringe Mengenunterschiede, wohin die Reise geht. Weniger facettenreich, aber auch wunderschön finde ich den Burley. Und ich schreibe es auch HU Tobacco auf die Fahne, dass der Burley in Naturmischungen eine Renaissance erlebt hat und erlebt. In der Vergangenheit, ich spreche hier nicht von amerikanischen Blends, fristete der Burley das Dasein eines Grundtabaks bei aromatisierten Mischungen und weniger als raffinierte Beigabe bei Naturtabaken oder als dessen Hauptkomponente. Wenn ich allerdings die Erfolge von Nashville County oder Makhuwa und Night Owl betrachte, glaube ich, dass viele Raucher ihre Liebe zum Burley entdeckt haben und gerne dies Blends mit ihrem erdigen, zigarrigen, kakaoigen Touch genießen. Aber über Geschmack lässt sich ja trefflich streiten. :-) Da muss jeder seine eigene Präferenz entwickeln.

Cigarworld:  Gibt es Tabakmythen die du ein für alle Mal aufklären möchtest?

Hans Wiedemann: Hier gibt es eigentlich nur einen Mythos, dem ich nicht folgen möchte und der mich etwas stört: „Früher waren die Tabake bzw. Tabakmischungen viel besser.“ Ich glaube, dass dies im Grundsatz nicht stimmt. Die Blends waren vielleicht anders, aber dass ein Blend, den es seit Jahren nicht mehr gibt, per se besser ist, da aus guter alter Zeit, daran glaube ich nicht. Jede Zeit hat ihre Vorlieben und Stilrichtung und der Markt liefert das, was der Kunde wünscht. Dass die Qualität jetziger Mischungen schlechter ist als bei Blends vergangener Tage, halte ich für einen Mythos. Ich persönlich finde es gerade deshalb etwas schade, dass die Industrie auf diesen Zug aufspringt und neu kreierte Blends, vielleicht angelehnt an das Original, unter alten traditionellen Namen verkauft und diese dann natürlich von Nostalgikern mit dem Original verglichen werden. Mit ein bisschen Verklärung muss das Ergebnis lauten, dass das Original viel besser war. Diese Beurteilung weist jemanden ja auch als Kenner aus und mag für denjenigen auch stimmen, aber die breite Masse könnte mit dem Originalgeschmack vermutlich nicht mehr viel anfangen. Hier bedauere ich mehr, dass es die Herstellervielfalt mit ihren Eigentümlichkeiten nicht mehr gibt und dadurch das Angebot etwas konformer ist. Aber dafür gibt es ja HU Tobacco.:-)

Na, da fällt mir dann doch noch ein Mythos bzw. ein Bewertungskriterium ein, das mich stört. Es geht mir um den geschundenen und negativ belegten Begriff „Mainstream“. Das ist eine Betrachtungsweise, die mir bei der Qualitätsbeurteilung fremd ist. Ein Tabak ist doch nicht schlecht, nur weil er ein gängiges Genre bedient und von vielen Leuten geliebt wird, genauso wenig ist ein Tabak besonders toll, wenn ihn nur sehr wenige mögen. „Der Tabak schmeckt mir, aber er ist halt mainstream.“ Der MB Mixture ist ein irre erfolgreicher Tabak. Ist er deshalb weniger hoch zu bewerten als ein MB Rustica, der vermutlich nur eine kleinere Fangemeinde hat? Oder sind beide Blends nicht einfach nur ein Angebot an unterschiedliche Käufergruppen? „Mainstream“ ist für mich kein Qualitätskriterium und auch die Industrie hat bemerkt, dass der Pfeifentabakmarkt kein Tankstellenmassenmarkt mehr ist. Davon lebt ja auch HU Tobacco. Unsere Kunden sind diejenigen, die bei der Tabakwahl eine persönliche Note suchen, die sich mit der Grundidee identifizieren können und mehr darüber erfahren möchten. Die, die unseren irren Aufwand beim Artwork und der Textierung honorieren. Die, die auch mal einer verrückten Idee offen gegenüberstehen und diese nicht als Anschlag auf die Weltpfeifengemeinde verstehen. Dinge, die der Pfeifenszene vielleicht einen neuen Impuls geben können oder für etwas Spannung und Unterhaltung sorgen. Also Dinge, die alles andere als mainstream sind, aber das sind alles auch Dinge, die als mainstream nicht schlechter wären, nur normaler.

Cigarworld:  Was hältst Du vom Tabak Aging?

Hans Wiedemann: Puuuh, das ist jetzt ‘ne Frage. Ich hatte ja jüngst ein Projekt laufen, dass das Aging in den Mittelpunkt gestellt hat und das sehr kontrovers diskutiert wurde. Das Aging von Tabaken war und ist, gerade in „Kennerkreisen“, ein sehr präsentes Thema. Die Vorzüge des Tabak Agings werden seit Jahren hochgehalten und dieser Umstand brachte mich ja auch auf die Idee, diesem Thema eine kleine Tabakserie zu widmen. Zusammen mit Thomas Nitsche von Kohlhase & Kopp haben wir diese Serie, gerade im Hinblick auf die zu erwartenden typischen Veränderungen, die durch das Agen entstehen, entwickelt. Ich kenne ja die „frischen“ Tabake und war nach den 2 Jahren Lagerzeit baff erstaunt, was die Alterung aus diesen Tabaken gemacht hat. Die Tabakalterung im gemischten Zustand verändert die Mischungen hin zu vollen, weichen, komplexen Blends, die weniger von einem changierenden akzentuiertem Geschmack leben, sondern von ihrem vollen, weichen und ausgeglichenem Charakter. Diese Theorie hat sich bei den drei Blends in Gänze bestätigt und schon allein deshalb sehe ich dieses Projekt als voll gelungen an. Es hat nicht jeder Zeit und Lust zehn Jahre zu warten, um zu sehen wie sich „sein“ Tabak nach dieser Alterung entwickelt hat. Hier hatte jeder die Möglichkeit herauszufinden, ob ihm diese Art von Geschmack zusagt oder nicht. Wie vorher schon einmal gesagt, jeder Blend ist ein Angebot, bei dem jeder für sich entscheiden muss, ob ihm das schmeckt oder nicht. So ein Versuch kann, zumindest für HU Tobacco, nur mit einer begrenzten Menge unternommen werden. Ein Versuch, da keiner wusste, wie sich die Blends entwickeln würden und ob besagte Tabake den Geschmack der Raucher treffen würden. Die Limitierung dieser Tabake war also eine reine Risikoabwägung und hat nichts mit Marketingtrickserei zu tun. Die drei Blends gibt es auch wieder im Jahr 2021, aber ebenfalls wieder nur limitiert. So, nun aber zu meiner persönlichen Meinung zum Agen. Ich bin hier hin- und hergerissen und im Grunde meines Herzens war und bin ich kein leidenschaftlicher „Ager“. Ich liebe es, wenn man die einzelnen Komponenten klar erschmeckt, aber ich bin auch offen und breit genug aufgestellt, um die Vorzüge weicher, harmonischer und dabei komplexer Blends wie aus der Agingserie zu genießen und zu lieben. Alles zu seiner Zeit und unser Hobby lebt ja von der Abwechslung. Von daher freue ich mich selbst auf die nächste Charge, denn meine persönlichen Vorräte sind auch schon alle ☹

Cigarworld:  Wie feucht sollten deine Tabake sein?

Hans Wiedemann: Ich persönlich bevorzuge eher dezent feuchter gehaltene Tabake, da ich diese als weicher und runder empfinde. Wobei hier der Grad schon sehr schmal ist. Sind die Blends zu feucht, tritt das Gegenteil davon ein. Also zwischen 11% und 15% sollte die Feuchtigkeit in meinen Augen liegen. Wobei bei zu hoher Feuchtigkeit ein kurzes Ablüften das Problem meist löst. Ist der Tabake für jemanden zu trocken, wird es schon aufwendiger und es bedarf etwas an Erfahrung. Für mich wären so 12% bis 13% optimal.

Cigarworld: Was wünscht du dir von deinen Kunden?

Hans Wiedemann:…jetzt heißt es aufpassen. Wenn ich jetzt sage, ich bin mit meinen Kunden rundum zufrieden, dann klingt das vielleicht heuchlerisch, aber es entspricht der Wahrheit. Ich habe so viel direkten Kundenkontakt und ich habe dabei so viele Freunde gefunden, dass es echt Spaß macht sich immer wieder etwas Neues für die Jungs und Mädels zu überlegen. Ansonsten ist Kritik richtig und wichtig, sie darf nur nicht persönlich und zerstörerisch sein. Vielleicht etwas mehr Offenheit für neue Ideen sowohl bei den Blends/Aromen als auch bei der Art der Präsentation. Vielleicht auch ein bisschen mehr Empathie für die ganze Arbeit abseits des Tabaks und Nachsicht, wenn mal was nicht gleich perfekt ist. Ansonsten finde ich es richtig toll, dass sich so viele Menschen für die gesamtheitliche Konzeption von HU Tobacco begeistern. Von daher auch mal ein herzliches Dankeschön von meiner Seite aus.

Cigarworld: Vielen Dank für die interessanten Einblicke, Hans!

Vielen Dank an Steffen Müller für die Genehmigung das wundervolle SW- Portrait von Hans Wiedemann zu zeigen

Summary
Photo ofHans Wiedemann
Name
Hans Wiedemann
Job Title
Tobaccolabel owner
Company
HU Tobacco

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